Ein besorgter Hundebesitzer beobachtet seinen Welpen im Garten, der an Kot riecht.

Welpe frisst eigenen Kot: Ursachen verstehen und Verhalten ändern

Als Expertin für Hundeerziehung mit über 15 Jahren Praxiserfahrung weiß ich, wie schockierend es für Besitzer sein kann, wenn der Welpe seinen eigenen Kot frisst. Dieses Verhalten, bekannt als Koprophagie, ist beunruhigend, aber bei jungen Hunden nicht ungewöhnlich. Es ist ein Thema, das viele Hundehalter zur Verzweiflung bringt. Doch keine Sorge: Sie sind nicht allein und es gibt effektive Wege, die Ursachen zu verstehen und das Verhalten nachhaltig zu ändern.

In meiner Arbeit, von der DRK Rettungshundestaffel bis zur Ausbildung von Hundetrainern, habe ich eines gelernt: Wenn Ihr Welpe Kot frisst, hat das immer einen Grund. Manchmal ist es nur eine Entwicklungsphase, manchmal steckt mehr dahinter. Es ist entscheidend, genau hinzusehen und richtig zu handeln, um gesundheitliche Risiken oder tief verwurzelte Verhaltensprobleme zu vermeiden. Lassen Sie uns gemeinsam die Ursachen beleuchten und einen klaren Plan entwickeln, um Ihrem Welpen zu helfen.

Das Wichtigste in Kürze

  • Keine Panik: Kotfressen (Koprophagie) ist bei Welpen ein relativ häufiges, oft vorübergehendes Verhalten.
  • Tierarzt zuerst: Schließen Sie immer zuerst medizinische Ursachen wie Parasiten, Nährstoffmängel oder eine Bauchspeicheldrüsen-Erkrankung aus.
  • Management ist entscheidend: Die wirksamste Sofortmaßnahme ist, den Kot sofort zu entfernen, damit der Welpe keine Gelegenheit bekommt.
  • Training statt Strafe: Bestrafung kann das Problem verschlimmern. Positive Verstärkung, Ablenkung und ein „Aus“-Kommando sind der richtige Weg.

Warum frisst mein Welpe eigenen Kot? Die Hauptursachen im Überblick

Um das Problem an der Wurzel zu packen, müssen wir verstehen, was Ihren Welpen antreibt. Die Gründe lassen sich grob in drei Bereiche einteilen: natürliches Verhalten, gesundheitliche Probleme und psychologische Auslöser.

1. Natürliche Verhaltensweisen und Instinkte

  • Neugier und Erkundung: Welpen erkunden die Welt mit ihrem Maul. Alles wird probiert – auch der eigene Kot, dessen Geruch anziehend wirken kann. Meist legt sich dieses Verhalten bis zum neunten Lebensmonat von allein.
  • Nachahmung: Die Mutterhündin hält das Nest sauber, indem sie den Kot der Welpen frisst. Einige Welpen imitieren dieses Verhalten. Auch das Beobachten anderer Hunde, die Kot fressen, kann zur Nachahmung anregen.

2. Gesundheitliche und ernährungsbedingte Gründe

Dies ist der wichtigste Bereich, der tierärztlich abgeklärt werden muss, da er oft die verborgene Ursache ist.

  • Nährstoffmangel oder Verdauungsprobleme: Auch wenn ein echter Mangel bei hochwertigem Futter selten ist, kann eine unzureichende Nährstoffverwertung der Auslöser sein. Wenn Futterbestandteile unverdaut ausgeschieden werden, riecht der Kot für den Hund noch appetitlich. Minderwertiges Futter, zu geringe Futtermengen (Hunger) oder eine Futtermittelunverträglichkeit können ebenfalls ursächlich sein.
  • Parasitenbefall: Würmer oder Giardien entziehen dem Körper wichtige Nährstoffe. Der Welpe versucht instinktiv, diesen Mangel durch das Fressen von Kot auszugleichen.
  • Exokrine Pankreasinsuffizienz (EPI): Bei dieser ernsthaften Erkrankung produziert die Bauchspeicheldrüse zu wenige Verdauungsenzyme. Das Futter wird nicht aufgespalten, was zu massivem Nährstoffmangel und Heißhunger führt.

3. Psychologische und verhaltensbedingte Ursachen

  • Stress und Angst: Eine neue Umgebung, Trennungsangst oder zu langes Alleinsein können Stress auslösen, den der Welpe durch zwanghaftes Verhalten wie Kotfressen zu kompensieren versucht.
  • Langeweile und Unterforderung: Ein Welpe, der geistig und körperlich nicht ausgelastet ist, sucht sich eine eigene, oft unerwünschte Beschäftigung.
  • Suche nach Aufmerksamkeit: Wenn Sie jedes Mal aufgeregt reagieren, lernt Ihr Welpe schnell: „Kotfressen bringt mir die volle Aufmerksamkeit meines Menschen.“ Auch negative Aufmerksamkeit ist Aufmerksamkeit.
  • Falsch verstandene Sauberkeitserziehung: Wurde der Welpe bestraft, weil er in die Wohnung gemacht hat? Manche Hunde versuchen dann, die „Beweise“ zu beseitigen, indem sie den Kot fressen, um einer Strafe zu entgehen.

Ist Kotfressen für meinen Welpen gefährlich?

Die Frage ist berechtigt und die Antwort lautet klar: Ja, es kann gefährlich sein. Während das Fressen des eigenen Kots ein geringeres Risiko birgt, stellt insbesondere der Kot anderer Tiere eine erhebliche Gefahr dar:

  1. Parasiten: Die größte Gefahr ist die Ansteckung mit Würmern (Spul-, Haken-, Bandwürmer) oder Giardien, die zu schweren Magen-Darm-Problemen führen können.
  2. Bakterien und Viren: Kot kann gefährliche Bakterien wie Salmonellen und E. coli sowie Viren (z.B. Parvovirose) enthalten.
  3. Medikamentenrückstände: Frisst Ihr Hund den Kot von Tieren, die Medikamente erhalten haben (z.B. Pferdeäpfel nach einer Wurmkur), kann er sich vergiften.
  4. Gefahr für den Menschen: Einige dieser Erreger sind Zoonosen, d.h. sie können auf den Menschen übertragen werden, was besonders für Kinder und immungeschwächte Personen riskant ist.
Ein besorgter Hundebesitzer beobachtet seinen Welpen im Garten, der an Kot riecht.

Was tun, wenn der Welpe Kot frisst? Ein 4-Schritte-Plan

Wenn Ihr Welpe Kot frisst, ist ein systematisches Vorgehen erforderlich. Aus meiner Praxiserfahrung als Hundetrainerin hat sich der folgende Plan bewährt, um das Problem effektiv und nachhaltig zu lösen.

Schritt 1: Der obligatorische Tierarzt-Check

Bevor Sie mit dem Training beginnen, muss Ihr Welpe gründlich von einem Tierarzt untersucht werden. Dies ist nicht verhandelbar. Lassen Sie eine Kotprobe auf Parasiten untersuchen und besprechen Sie ein Blutbild, um Nährstoffmängel oder eine Bauchspeicheldrüsen-Schwäche (EPI) auszuschließen. Nur wenn medizinische Ursachen ausgeschlossen sind, können wir uns auf das Verhaltenstraining konzentrieren.

Schritt 2: Management – Gelegenheit macht Diebe

Die einfachste Methode ist, den Zugang zu Kot zu unterbinden.

  • Sofortiges Aufräumen: Entfernen Sie den Kot Ihres Welpen immer sofort – im Garten und auf Spaziergängen. Lassen Sie ihn dabei an der Leine, um die Kontrolle zu behalten.
  • „Gefahrenzonen“ meiden: Halten Sie Ihren Welpen an Orten mit viel fremdem Hundekot (z.B. Hundewiesen) an der kurzen Leine.
  • Katzenklo sichern: Stellen Sie das Katzenklo an einen für den Welpen unzugänglichen Ort.

Schritt 3: Training und positive Verstärkung

  • Das „Aus“-Kommando: Trainieren Sie ein zuverlässiges „Aus!“-Signal. Beginnen Sie mit Spielzeug und steigern Sie sich langsam zu Futter. Ziel ist es, dass Ihr Welpe auf Kommando alles fallen lässt.
  • Positive Ablenkung: Sobald Ihr Welpe sein Geschäft erledigt hat, lenken Sie ihn sofort mit einem fröhlichen „Hier!“ und einem besonders leckeren Leckerli ab, während Sie den Kot beseitigen. So verknüpft er das Abwenden vom Haufen mit einer tollen Belohnung.
  • Geistige und körperliche Auslastung: Ein müder und zufriedener Welpe hat weniger Flausen im Kopf. Sorgen Sie für altersgerechte Spaziergänge, Suchspiele und kurze Trainingseinheiten. Langeweile ist ein häufiger Auslöser für das Fressen von Kot.

Schritt 4: Optimierung der Fütterung

  • Hochwertiges Futter: Füttern Sie ein leicht verdauliches, hochwertiges Welpenfutter. Das reduziert unschöne Gerüche und unzinreichend verdaute Reste im Kot.
  • Fütterungsfrequenz anpassen: Verteilen Sie die Tagesration auf mehrere kleine Mahlzeiten, um Heißhunger zu vermeiden.
  • Spezielle Zusätze (nur nach Absprache): Es gibt Produkte, die dem Futter beigemischt werden und den Kot ungenießbar machen sollen. Setzen Sie diese nur als letzte Option und nach Rücksprache mit Ihrem Tierarzt ein.
Eine Person gibt einem Welpen ein Leckerli als Belohnung für gutes Verhalten beim Training.
Positive Verstärkung ist der Schlüssel: Belohnen Sie Ihren Welpen, wenn er den Kot ignoriert und sich Ihnen zuwendet.

Was Sie unbedingt vermeiden sollten (Häufige Fehler)

Aus meiner Erfahrung in der Hundeerziehung weiß ich, dass gut gemeinte Reaktionen das Problem oft verschlimmern. Vermeiden Sie daher unbedingt:

  • Bestrafung: Schreien Sie Ihren Welpen nicht an und drücken Sie niemals seine Nase in den Kot! Das zerstört Vertrauen, erzeugt Angst und kann dazu führen, dass er den Kot aus Angst vor Strafe erst recht frisst, um die „Beweise“ schnell zu beseitigen.
  • Hektisches Wegziehen: Ein panisches Ziehen an der Leine, wenn er sich einem Haufen nähert, kann den Kot erst recht interessant machen („Was ist da so Spannendes, dass mein Mensch so reagiert?“).
  • Aufmerksamkeit schenken: Vermeiden Sie große, aufgeregte Reaktionen. Bleiben Sie ruhig und souverän. Ihre Ruhe signalisiert dem Hund, dass die Situation nicht dramatisch ist.

Fazit: Geduld und Konsequenz führen zum Ziel

Das Kotfressen bei Welpen ist ein komplexes Verhalten, doch mit dem richtigen Wissen und einem konsequenten Vorgehen ist es gut in den Griff zu bekommen. Der wichtigste erste Schritt ist immer der Gang zum Tierarzt. Danach sind Management, Training und die richtige Auslastung die Säulen des Erfolgs. Bleiben Sie geduldig und liebevoll konsequent. Jeder Hund ist ein Individuum, und mit einem durchdachten Ansatz gestalten Sie eine glückliche und gesunde Zukunft für Sie und Ihren Vierbeiner.

Häufig gestellte Fragen (FAQ)

Warum frisst mein Welpe plötzlich seinen Kot?

Plötzliches Kotfressen kann auf eine akute Magen-Darm-Verstimmung, einen Parasitenbefall (z.B. Würmer, Giardien) oder Stress hindeuten. Ein Futterwechsel oder eine neue, stressige Situation können ebenfalls Auslöser sein. Ein zeitnaher Tierarztbesuch ist in diesem Fall besonders wichtig, um medizinische Ursachen schnell auszuschließen.

Hört das Kotfressen beim Welpen von alleine auf?

In vielen Fällen, besonders wenn es sich um reines Erkundungsverhalten handelt, legt sich das Kotfressen bis zum Alter von etwa neun Monaten von selbst. Verlassen sollte man sich darauf jedoch nicht. Liegt eine medizinische oder tiefere Verhaltensursache zugrunde, wird das Problem ohne Eingreifen bestehen bleiben oder sich sogar verschlimmern.

Was kann ich dem Futter beimischen, damit der Hund keinen Kot mehr frisst?

Es gibt verschiedene Hausmittel und kommerzielle Produkte, die angeblich helfen sollen (z.B. Bierhefe, Heilerde, Harzer Käse oder spezielle Pulver). Ihre Wirksamkeit ist jedoch nicht garantiert und individuell sehr unterschiedlich. Solche Zusätze sollten immer nur nach Rücksprache mit dem Tierarzt gegeben werden, da sie die eigentliche Ursache nicht beheben und nur als unterstützende Maßnahme dienen können.

Soll ich meinen Welpen bestrafen, wenn er Kot frisst?

Nein, auf keinen Fall. Eine Bestrafung ist kontraproduktiv. Sie kann Angst und Stress erzeugen, das Vertrauensverhältnis schädigen und den Hund dazu verleiten, den Kot heimlich und noch schneller zu fressen, um der Strafe zu entgehen. Setzen Sie stattdessen auf positives Management (Kot entfernen) und Training (Ablenkung, „Aus“-Kommando).

Sabine Reincke
Sabine Reincke

Sabine Reincke: Eine umfassend erfahrene Expertin für alle Themen rund um den Hund. Mit über 15 Jahren praktischer Erfahrung, darunter 10 Jahre in der DRK Rettungshundestaffel und als Mantrailer, kombiniert Sabine tiefgreifendes Fachwissen in Hundeerziehung, -verhalten und Rassekunde mit unschätzbarer praktischer Erfahrung. Derzeit vertieft sie ihre Kenntnisse in einer Hundetrainer-Ausbildung und ergänzt dies durch diverse Fachseminare, auch im Bereich Hundegesundheit. Als ausgebildete Sanitäterin und durch ihre Präsenz in der Presse ist Sabine eine anerkannte Autorität, die vertrauenswürdige und fundierte Informationen zu allen Aspekten des Hundelebens bietet.

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