Gebärmutterentzündung beim Hund

Gebärmutterentzündung beim Hund (Pyometra): Symptome & Not-OP

⚠️ Lebensgefahr (Notfall): Eine Gebärmuttervereiterung (Pyometra) ist ein tiermedizinischer Notfall. Wenn der Eiter nicht abfließen kann („geschlossene Form“), droht die Gebärmutter zu platzen. Das führt zu einer Bauchfellentzündung (Sepsis) und zum Tod. Warten Sie nicht bis zum Morgen, fahren Sie sofort in die Klinik!

Es beginnt oft schleichend: Die Hündin ist etwas müder als sonst, trinkt auffällig viel und leckt sich häufiger im Intimbereich. Viele Halter denken an einen Infekt oder das Alter. Doch wenn die letzte Läufigkeit 4 bis 8 Wochen her ist, müssen bei Ihnen alle Alarmglocken schrillen.

Als Sanitäterin und Züchter-Beraterin habe ich zu oft erlebt, dass Halter die Symptome unterschätzt haben. Die Pyometra ist der „stille Killer“ unkastrierter Hündinnen. In diesem Artikel lernen Sie den Unterschied zwischen der offenen (sichtbaren) und der geschlossenen (tödlichen) Form kennen.

📌 Das Wichtigste in Kürze (Fakten-Check)

  • Zeitpunkt: Tritt fast immer 3 bis 8 Wochen NACH der Läufigkeit auf (in der Hormonphase „Metöstrus“).
  • Leitsymptom: Extremer Durst (Polydipsie) und vermehrtes Urinieren sind oft die ersten Anzeichen einer Vergiftung des Körpers.
  • Formen: „Offen“ (Eiter fließt ab) vs. „Geschlossen“ (Eiter sammelt sich im Bauch -> Platzgefahr).
  • Therapie: Die chirurgische Entfernung der Gebärmutter (Kastration) ist der Goldstandard.
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Offen vs. Geschlossen: Der lebenswichtige Unterschied

Ob Ihre Hündin eine Überlebenschance hat, hängt oft davon ab, welche Form vorliegt und wie schnell Sie reagieren.

1. Die offene Pyometra (Sichtbar)

Der Muttermund ist leicht geöffnet. Eitriger, oft übel riechender Ausfluss (gelb-grünlich, manchmal blutig) tritt aus der Scheide aus.

Vorteil: Sie sehen das Problem sofort.

Nachteil: Viele Halter verwechseln es mit einer verlängerten Läufigkeit.

2. Die geschlossene Pyometra (Der stille Tod)

Der Muttermund ist fest verschlossen. Der Eiter sammelt sich in der Gebärmutter, die sich wie ein Ballon füllt. Bakteriengifte gelangen ins Blut (Endotoxämie).

Gefahr: Sie sehen KEINEN Ausfluss. Die Hündin wirkt „nur“ krank. Wenn die Gebärmutterwand dem Druck nachgibt und reißt (Ruptur), ergießt sich der Eiter in den Bauchraum. Das ist meist das Todesurteil.

Vergleichsgrafik: Links Gebärmutter mit Abfluss nach außen (sichtbar). Rechts prall gefüllte Gebärmutter ohne Abfluss (Notfall). Warnsymbol bei Rechts.
Bei der geschlossenen Form füllt sich das Organ bis zum Zerreißen – von außen sieht man nichts.

Symptome: Achten Sie auf das Trinkverhalten!

Die Bakterien (meist E. coli) produzieren Gifte, die die Nierenfunktion beeinträchtigen. Das führt zum Kardinal-Symptom:

  • Extremer Durst: Die Hündin säuft den Napf leer und will immer mehr.
  • Vermehrter Urinabsatz: Sie muss oft raus, wird evtl. inkontinent.
  • Lecken: Intensives Putzen der Vulva (auch wenn kein Ausfluss sichtbar ist).
  • Allgemeinzustand: Fressunlust, Fieber (anfangs), später Untertemperatur (Schock), harter, schmerzhafter Bauch.

Warum passiert das? (Hormone & Bakterien)

Es ist kein „Pech“, sondern Hormon-Biologie. Nach jeder Läufigkeit produziert der Körper Progesteron, um eine mögliche Trächtigkeit vorzubereiten. Dieses Hormon verdickt die Gebärmutterschleimhaut und senkt die lokale Immunabwehr.

Dringen nun Bakterien ein, finden sie den perfekten Nährboden. Je älter die Hündin, desto anfälliger ist die Schleimhaut (Glandulär-zystische Hyperplasie). Deshalb trifft es meist Hündinnen ab 6 Jahren, kann aber auch junge Hunde treffen.

🐾 Aus meiner Praxis: „Sie ist nur etwas müde“

Eine Nachbarin rief mich an, weil ihre 8-jährige Golden Retriever Hündin „Emma“ ihr Futter verweigerte und viel schlief. „Bestimmt nur ein Infekt“, meinte sie. Ich fragte: „Wann war sie läufig?“ – „Vor 6 Wochen.“ Ich fuhr sofort hin. Emma hatte keinen Ausfluss, aber einen gespannten Bauch und blasse Schleimhäute. Wir rasten in die Klinik. Diagnose: Geschlossene Pyometra, die Gebärmutter wog 2 kg (voller Eiter)! Emma wurde notoperiert und überlebte knapp. Ohne das Wissen um den Zeitfaktor „6 Wochen nach Läufigkeit“ wäre sie in der Nacht gestorben.

OP oder Spritze? Die Therapie

Sie werden vor die Wahl gestellt, aber eigentlich gibt es keine.

  1. Kastration (Ovariohysterektomie): Entfernung der Eierstöcke und der vereiterten Gebärmutter. Dies ist die sicherste Methode, da die Quelle der Vergiftung entfernt wird.
  2. Medikamente (Alizin + Antibiotika): Nur bei jungen Zuchthündinnen in sehr frühem Stadium und stabilem Kreislauf erwägbar. Die Medikamente öffnen den Muttermund, um den Eiter abzulassen.

    Risiko: Die Gebärmutter kann während der Behandlung reißen. Die Rückfallquote bei der nächsten Läufigkeit liegt bei bis zu 70%.
Tierarzt zeigt auf Ultraschallbild: Dunkle, gefüllte Röhren (die vereiterte Gebärmutter). Ernster Kontext.
Im Ultraschall sieht der Tierarzt sofort, ob Flüssigkeit in der Gebärmutter ist.

Häufige Fragen (FAQ)

Kann ich eine Pyometra mit Hausmitteln behandeln?

Nein, niemals! Es handelt sich um eine bakterielle Vergiftung (Sepsis) und ein organmechanisches Problem. Hausmittel kosten wertvolle Zeit und führen zum qualvollen Tod des Tieres.

Was kostet die Not-OP bei Gebärmutterentzündung?

Da es sich oft um Notdienste (Nacht/Wochenende) handelt, greifen erhöhte GOT-Sätze. Rechnen Sie mit Kosten zwischen 1.500 € und 3.000 € (inkl. Narkose, Infusionen, Nachsorge).

Wie kann ich vorbeugen?

Der einzige sichere Schutz ist die Kastration (Entfernung der Eierstöcke). Eine kastrierte Hündin kann keine hormonell bedingte Pyometra mehr bekommen.

Quellenhinweis: Die medizinischen Fakten zur Pyometra basieren auf den Leitlinien der Gynäkologie in der Kleintiermedizin. Weitere Fachinformationen finden Sie bei der Tierärztlichen Fakultät der LMU München (Klinik für Kleintiere).

Sabine Reincke
Sabine Reincke

Sabine Reincke: Eine umfassend erfahrene Expertin für alle Themen rund um den Hund. Mit über 15 Jahren praktischer Erfahrung, darunter 10 Jahre in der DRK Rettungshundestaffel und als Mantrailer, kombiniert Sabine tiefgreifendes Fachwissen in Hundeerziehung, -verhalten und Rassekunde mit unschätzbarer praktischer Erfahrung. Derzeit vertieft sie ihre Kenntnisse in einer Hundetrainer-Ausbildung und ergänzt dies durch diverse Fachseminare, auch im Bereich Hundegesundheit. Als ausgebildete Sanitäterin und durch ihre Präsenz in der Presse ist Sabine eine anerkannte Autorität, die vertrauenswürdige und fundierte Informationen zu allen Aspekten des Hundelebens bietet.

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