Welpen erziehen: Der komplette Leitfaden für die ersten Monate
Die Welpenerziehung ist das liebevolle, aber konsequente Training, das den Grundstein für ein harmonisches Zusammenleben mit deinem neuen Familienmitglied legt. Sie beginnt direkt mit dem Einzug deines Welpen und ist die wichtigste Investition in eine glückliche, gemeinsame Zukunft.
Als Expertin mit über 15 Jahren Erfahrung in der Hundeausbildung, unter anderem in der DRK Rettungshundestaffel, weiß ich: Die Prägungsphase in den ersten Wochen ist absolut entscheidend für die Entwicklung deines kleinen Vierbeiners. Was er jetzt lernt, vergisst er nie wieder. Nutze diese sensible Zeit, um von Anfang an die richtigen Weichen zu stellen.
Der beste Zeitpunkt: Wann mit der Welpenerziehung beginnen?
Der ideale Zeitpunkt, um mit der Erziehung deines Welpen zu beginnen, ist sofort nach dem Einzug, idealerweise in der 8. Lebenswoche. Ab diesem Moment startet die entscheidende Sozialisierungs- und Prägungsphase. Dein Welpe ist jetzt extrem aufnahmefähig, neugierig und bereit, die Welt mit dir als sicherem Partner zu entdecken.
Tipp von Sabine Reincke: „Warten Sie nicht! Jeder Tag zählt. Die Erziehung beginnt nicht erst in der Welpenschule, sondern in dem Moment, in dem Ihr kleiner Hund über die Türschwelle tritt. Seien Sie vom ersten Tag an ein liebevoller, aber klarer Leitwolf.“
Die ersten Schritte: Die wichtigsten Erziehungsziele im Überblick
In den ersten Wochen legst du das Fundament für das gesamte Hundeleben. Konzentriere dich auf die folgenden Kernbereiche, die wir im weiteren Verlauf des Artikels detailliert behandeln:
- Die ersten Schritte
- Stubenreinheit: Deinem Welpen beibringen, sein Geschäft draußen zu verrichten.
- Sozialisierung: Den Welpen positiv an seine Umwelt (Menschen, Tiere, Geräusche) gewöhnen.
- Grundkommandos: Spielerisches Erlernen von „Sitz“, „Platz“ und „Komm“.
- Beißhemmung: Dem Welpen beibringen, sanft mit seinen Zähnen umzugehen.
- Leinenführigkeit: Entspanntes Gehen an der Leine von Anfang an üben.
- Alleine bleiben: Schrittweises Training, um Trennungsstress zu vermeiden.
- Grenzen setzen: Klare und faire Regeln für den Alltag aufstellen.
Schritt 1: So wird dein Welpe stubenrein
Die Stubenreinheit ist oft die erste große Herausforderung, aber mit einem klaren Plan und Geduld meistert ihr sie gemeinsam. Die Blase eines Welpen ist noch klein, daher sind häufige Toilettengänge der Schlüssel zum Erfolg.
- Stubenreinheit
- Was wichtig ist
- Fester Rhythmus: Gehe mit deinem Welpen immer nach dem Schlafen, Fressen und Spielen nach draußen. Junge Welpen (unter 3 Monaten) müssen etwa alle 1,5 bis 2 Stunden raus.
- Fester Löseplatz: Wähle einen festen Platz draußen, an dem sich dein Welpe lösen darf. Das hilft ihm, den Ort mit dem „Geschäft machen“ zu verknüpfen.
- Signalwort etablieren: Nutze ein klares Wort wie „Pipi“ oder „Lösen“, sobald er anfängt.
- Überschwänglich loben: Hat es geklappt, lobe ihn sofort mit hoher, fröhlicher Stimme und gib ihm ein besonderes Leckerli. Timing ist hier alles!
- Unfälle ignorieren: Passiert ein Malheur im Haus, strafe ihn nicht. Wische es kommentarlos weg. Strafen verunsichern den Welpen und können dazu führen, dass er sich heimlich löst.
- Gründlich reinigen: Nutze spezielle Enzymreiniger, um die Gerüche von Unfällen vollständig zu entfernen, sonst wird der Welpe die gleiche Stelle wieder benutzen.
- Anzeichen erkennen: Lerne, deinen Welpen zu beobachten. Wird er unruhig, schnüffelt am Boden oder dreht sich im Kreis? Dann heißt es: Schnell raus!
- Was wichtig ist
Schritt 2: Die wichtige Sozialisierungsphase meistern
In der Sozialisierungsphase (ca. 8. bis 16. Woche) lernt dein Welpe, angstfrei und souverän mit seiner Umwelt umzugehen. Deine Aufgabe ist es, ihm positive Erfahrungen zu ermöglichen.
Kontakt zu Artgenossen: Ermögliche kontrollierten Kontakt zu gut sozialisierten, geimpften Hunden unterschiedlicher Rassen und Größen. Eine gute Welpenschule ist hierfür ideal.
- Gewöhnung an Menschen: Lass deinen Welpen positive Erfahrungen mit verschiedenen Menschen sammeln – Männern, Frauen, Kindern und Senioren. Achte darauf, dass der Kontakt immer ruhig und positiv verläuft.
- Umweltreize entdecken: Konfrontiere deinen Welpen schrittweise und ohne Zwang mit Alltagsreizen: das Geräusch des Staubsaugers, vorbeifahrende Autos, verschiedene Untergründe wie Gras, Asphalt oder Kies.
- Körperpflege üben: Berühre spielerisch und sanft seine Pfoten, Ohren und schau ihm ins Maul. Das erleichtert spätere Tierarztbesuche enorm.
Schritt 3: Die Grundkommandos spielerisch beibringen
Grundkommandos schaffen eine verlässliche Kommunikation zwischen dir und deinem Hund. Halte die Trainingseinheiten kurz (maximal 5-10 Minuten) und beende sie immer mit einem Erfolgserlebnis.
Schritt 4: Das Beißen abgewöhnen – die Beißhemmung trainieren
Welpen erkunden die Welt mit dem Maul. Dass sie in Hände oder Hosenbeine zwicken, ist normal. Sie müssen aber lernen, wie fest sie zubeißen dürfen. Das nennt man Beißhemmung.
- Wichtig
- Klare Reaktion: Wird der Welpe im Spiel zu grob, quietsche kurz und laut „Aua!“ auf und unterbrich das Spiel sofort für einen kurzen Moment. So hat es auch seine Mutter getan.
- Alternative anbieten: Biete ihm stattdessen ein Kauspielzeug an. So lernt er: „In Hände beißen ist tabu, in Spielzeug beißen ist super.“
- Konsequent sein: Alle im Haushalt müssen diese Regel einhalten. Nur so lernt der Welpe schnell und zuverlässig.
Schritt 5: Leinenführigkeit von Anfang an richtig üben
Entspannte Spaziergänge sind ein Traum, der mit frühem Training beginnt. Die Leine sollte eine Verbindung sein, kein Instrument zum Ziehen und Zerren.
Gewöhnung: Lass den Welpen das Geschirr und die Leine erst einmal in der Wohnung tragen, ohne dass du sie festhältst.
- Das Prinzip der lockeren Leine: Übe in einer ablenkungsarmen Umgebung. Sobald die Leine sich strafft, bleibst du sofort stehen. Erst wenn der Welpe die Spannung löst und zu dir schaut, gehst du weiter.
- Belohnung am richtigen Ort: Lobe und belohne deinen Welpen, wenn er an lockerer Leine neben dir läuft.
Schritt 6: So lernt dein Welpe das Alleinbleiben
Hunde sind Rudeltiere und müssen das Alleinsein kleinschrittig und positiv verknüpft lernen. Beginne damit erst, wenn der Welpe sich gut bei dir eingelebt hat.
Minutenschritte: Beginne, nur für wenige Sekunden den Raum zu verlassen und komm zurück, bevor der Welpe unruhig wird. Mache kein großes Aufheben daraus.
- Sicherer Rückzugsort: Schaffe einen gemütlichen Platz (z.B. eine Box oder ein Körbchen), an dem der Welpe sich sicher fühlt und zur Ruhe kommen kann.
- Positive Verknüpfung: Gib ihm einen besonderen Kauartikel (z.B. einen gefüllten Kong), den er nur bekommt, wenn er alleine ist.
- Langsame Steigerung: Dehne die Zeiträume sehr langsam aus, erst Sekunden, dann Minuten. Überfordere deinen Welpen nicht.
Häufige Fehler in der Welpenerziehung (und wie du sie vermeidest)
In meiner langjährigen Praxis sehe ich immer wieder dieselben Fehler, die den Erziehungs-Erfolg erschweren. Mit etwas Bewusstsein kannst du sie leicht vermeiden.
Inkonsequenz: Was heute verboten ist, muss auch morgen verboten sein. Klare, beständige Regeln geben deinem Hund Sicherheit.
- Vermenschlichung: Dein Hund ist ein Hund, kein Mensch. Er braucht klare Führung und hündische Kommunikation, keine langen Diskussionen.
- Bestrafung statt Training: Positive Verstärkung (Belohnung für erwünschtes Verhalten) ist weitaus effektiver und besser für eure Bindung als Strafe.
- Über- und Unterforderung: Halte Trainingseinheiten kurz und dem Alter angepasst. Ein überforderter Welpe lernt nichts, ein unterforderter langweilt sich und sucht sich selbst Beschäftigung.
Sinnvolle Unterstützung: Der Besuch einer Welpenschule
Der Besuch einer guten Welpenschule ist eine unschätzbare Hilfe. Hier lernt dein Welpe im kontrollierten Rahmen den Umgang mit Artgenossen und du erhältst professionelle Anleitung von erfahrenen Trainern.
Achte bei der Auswahl auf kleine Gruppengrößen, qualifizierte Trainer, die mit positiver Verstärkung arbeiten, und darauf, dass die „Chemie“ für dich und deinen Hund stimmt. Eine gute Anlaufstelle für die Suche nach qualifizierten Trainern ist der Berufsverband der Hundeerzieher/innen und Verhaltensberater/innen (BHV) e.V.
Wie lange dauert die Welpenerziehung?
Die Grunderziehung eines Welpen dauert etwa 6 bis 12 Monate. In dieser Zeit werden die wichtigsten Grundlagen wie Stubenreinheit, die Grundkommandos und die Sozialisierung gefestigt. Allerdings ist Hundeerziehung ein lebenslanger Prozess. Besonders in der Pubertät (ab ca. 6 Monaten) werden bereits gelernte Regeln gerne noch einmal in Frage gestellt. Geduld und liebevolle Konsequenz sind hier der Schlüssel zum Erfolg.
Fazit der Expertin
Zusammenfassend lässt sich sagen: Eine erfolgreiche Welpenerziehung basiert auf drei Säulen: Geduld, Konsequenz und positiver Verstärkung. Beginne vom ersten Tag an mit klaren, fairen Regeln und nutze die sensible Prägephase, um deinem Welpen die Welt zu zeigen. Feiere jeden kleinen Erfolg und sei ein verlässlicher Partner für deinen Hund. So baust du eine unerschütterliche Bindung auf, die ein Leben lang hält.