Hund frisst nicht

Hund frisst nicht: Krank oder nur mäkelig? Der Expertinnen-Check

⚠️ Wichtiger Warnhinweis: Wenn Ihr Hund das Futter verweigert UND gleichzeitig nicht trinkt, erbricht, Fieber hat (>40°C) oder einen harten, schmerzhaften Bauch zeigt, ist dies ein Notfall. Warten Sie nicht ab, sondern fahren Sie in die Klinik. Welpen dürfen maximal 12 Stunden fasten!

Für uns Hundehalter ist es eines der alarmierendsten Signale: Der Napf ist voll, der Hund schnuppert kurz – und dreht sich weg. Appetitlosigkeit ist keine Krankheit, sondern ein Symptom. Aber wofür? Hat er Bauchschmerzen? Zahnschmerzen? Oder wartet er einfach nur auf etwas Besseres?

Als Sanitäterin und Hundetrainerin kenne ich beide Seiten: Den medizinischen Notfall und den hausgemachten „Mäkler“. In diesem Artikel zeige ich Ihnen meinen „Leberwurst-Test“, mit dem Sie in Sekunden unterscheiden können, ob Sie zum Tierarzt müssen oder ob es Zeit für konsequente Erziehung ist.

📌 Das Wichtigste in Kürze (Fakten-Check)

  • Der Unterschied: Anorexie (kein Appetit, krank) vs. Pseudo-Anorexie (will fressen, kann aber nicht, z.B. Zahnschmerz) vs. Mäkeln (will nur das Gute).
  • Sofort-Test: Bieten Sie ein unwiderstehliches Leckerli an. Wird auch das verweigert, ist der Hund krank.
  • Gefahr: Längeres Fasten ist für Welpen, Senioren und kleine Rassen gefährlich (Unterzuckerung).
  • Häufige Ursachen: Magen-Darm-Infekt, Zahnschmerzen, Stress, Hormone (Läufigkeit).
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Der Leberwurst-Test: Krank oder verwöhnt?

Bevor Sie in Panik geraten, machen Sie den Test. Nehmen Sie etwas, dem Ihr Hund normalerweise nicht widerstehen kann (Leberwurst, Käse, Fleischwurst).

  1. Er frisst das Leckerli gierig, lässt das Trockenfutter aber stehen?
    Glückwunsch, Ihr Hund ist wahrscheinlich gesund, aber wählerisch (oder das Futter ist verdorben/ranzig – riechen Sie mal dran!).
  2. Er nimmt das Leckerli, lässt es aber wieder fallen oder kaut sehr vorsichtig?
    Verdacht auf Zahnschmerzen oder Probleme im Maul-Rachen-Raum. Er will, aber er kann nicht.
  3. Er dreht den Kopf weg, schmatzt oder speichelt?
    Verdacht auf Übelkeit oder Schmerzen. Hier liegt ein medizinisches Problem vor.
Grafik: Start 'Hund frisst nicht'. Pfad A: Frisst Leckerli? -> Ja -> Mäkelig oder Futter schlecht. Pfad B: Frisst Leckerli nicht? -> Krank -> Tierarzt.
Der „Leberwurst-Test“ ist Ihre erste Diagnose-Hilfe zu Hause.

Medizinische Ursachen (Zähne, Magen, Schmerz)

Wenn der Hund wirklich krank wirkt, kommen folgende Ursachen in Frage:

1. Magen-Darm-Probleme

Klassische Gastritis (Magenschleimhautentzündung). Achten Sie auf Begleitsymptome: Erbricht er? Hat er Durchfall? Ein „Gebetshaltung“ (Vorderkörper tief, Hinterteil hoch) deutet auf starke Bauchschmerzen hin.

2. Zahnschmerzen

Ein abgebrochener Zahn, ein entzündeter Wurzelkanal oder ein Fremdkörper (Holzsplitter) zwischen den Zähnen tun höllisch weh. Schauen Sie dem Hund ins Maul – lässt er das nicht zu, hat er Schmerzen.

3. Infekte & Fieber

Wie bei uns Menschen: Wer Fieber hat (über 40°C), hat keinen Hunger. Fühlen sich die Ohren heiß an? Wirkt er apathisch?

Psychische Gründe: Stress & Hormone

Der Magen schlägt auf die Psyche – und umgekehrt.

  • Hormone: Ein Rüde, der eine läufige Hündin in der Nase hat, fastet oft tagelang („Liebeskummer“). Hündinnen fressen vor oder während der Läufigkeit oft schlechter.
  • Stress: Umzug, neuer Partner, Silvester-Knallerei oder Trauer um einen Artgenossen können den Appetit verschlagen.
  • Alter: Senioren riechen und schmecken oft schlechter. Hier kann es helfen, das Futter anzuwärmen oder mit Buttermilch/Brühe aufzupeppen.

🐾 Aus meiner Praxis: Balu und der „böse“ Napf

Balu, ein großer Mischling, hörte plötzlich auf zu fressen. Medizinisch war er gesund. Ich besuchte ihn zu Hause. Sein Napf stand auf Fliesen. Jedes Mal, wenn er fraß, klapperte seine Hundemarke laut gegen den Metallnapf. Balu hatte sich vor dem Geräusch erschreckt und mied den Napf. Wir tauschten den Metallnapf gegen Keramik und nahmen das Halsband ab. Balu fraß sofort wieder. Manchmal sind es die kleinen Dinge!

Hilfe, mein Hund mäkelt! (Erziehungs-Tipps)

Wenn Sie medizinische Gründe ausgeschlossen haben, haben Sie sich wahrscheinlich einen kleinen Tyrannen erzogen. Wenn der Hund lernt: „Ich muss das Trockenfutter nur lange genug anstarren, dann kommt Frauchen mit Käse“, haben Sie verloren.

Die Strategie gegen Mäkelei:

  1. Feste Zeiten: Stellen Sie den Napf hin.
  2. 15-Minuten-Regel: Frisst er nicht, kommt der Napf weg. Kommentarlos.
  3. Keine Extras: Bis zur nächsten Mahlzeit gibt es NICHTS. Keine Leckerlis, kein Kauknochen.
  4. Durchhalten: Ein gesunder Hund verhungert nicht vor einem vollen Napf. Nach 2-3 Tagen wird er fressen. (Achtung: Nicht bei Welpen anwenden!)
Ein Hund sitzt vor seinem vollen Napf und dreht den Kopf demonstrativ weg. Besitzer im Hintergrund verschränkt die Arme (konsequent).
Hart bleiben: Mischen Sie keine Leckereien unter, sonst erziehen Sie den Hund zum dauerhaften Mäkler.

Häufige Fragen (FAQ)

Wie lange kann ein Hund ohne Futter überleben?

Ein gesunder, erwachsener Hund kann problemlos mehrere Tage bis zu einer Woche ohne feste Nahrung auskommen (vorausgesetzt, er trinkt!). Welpen, Senioren oder chronisch kranke Hunde sollten jedoch nicht länger als 12–24 Stunden fasten.

Was kann ich füttern, um den Appetit anzuregen?

Erwärmen Sie das Futter leicht (intensiviert den Geruch). Sie können etwas Hühnerbrühe (ungesalzen), Quark oder Thunfischsaft über das Futter geben.

Wann ist Futterverweigerung ein Notfall?

Wenn der Hund gleichzeitig das Trinken verweigert (Gefahr der Dehydrierung), apathisch ist, Fieber hat oder einen harten Bauch bekommt. Dann sofort zum Tierarzt.

Quellenhinweis: Die physiologischen Grenzen des Fastens und Symptome von Erkrankungen (wie Gastritis oder Dentalproblemen) basieren auf veterinärmedizinischen Standards. Verhaltenstipps zur Futteraufnahme stützen sich auf Erkenntnisse der Tierpsychologie.

Sabine Reincke
Sabine Reincke

Sabine Reincke: Eine umfassend erfahrene Expertin für alle Themen rund um den Hund. Mit über 15 Jahren praktischer Erfahrung, darunter 10 Jahre in der DRK Rettungshundestaffel und als Mantrailer, kombiniert Sabine tiefgreifendes Fachwissen in Hundeerziehung, -verhalten und Rassekunde mit unschätzbarer praktischer Erfahrung. Derzeit vertieft sie ihre Kenntnisse in einer Hundetrainer-Ausbildung und ergänzt dies durch diverse Fachseminare, auch im Bereich Hundegesundheit. Als ausgebildete Sanitäterin und durch ihre Präsenz in der Presse ist Sabine eine anerkannte Autorität, die vertrauenswürdige und fundierte Informationen zu allen Aspekten des Hundelebens bietet.

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