Pettrailing - Ein Hund sucht einen Hund

Pettrailing: Wenn der Hund den Hund (oder die Katze) sucht

⚠️ Wichtiger Hinweis für den Ernstfall: Pettrailing im Realeinsatz ist Profisache. Ein entlaufener Hund befindet sich im Überlebensmodus. Wenn ein Hobby-Trailer ihn mit seinem Suchhund „jagt“, kann das entlaufene Tier in Panik geraten und in den Straßenverkehr getrieben werden. Rufen Sie im Ernstfall immer Profis (z.B. K-9 Tiersuche oder TASSO-Suchhelfer).

Der Albtraum jedes Halters: Die Leine reißt, der Hund rennt in Panik weg. Oder die Katze kommt abends nicht nach Hause. Hier schlägt die Stunde der Pettrailer. Während Mantrailer Menschen suchen, sind Pettrailer auf Tiersuche spezialisiert. Das Prinzip ist ähnlich, aber die Taktik ist völlig anders – denn Tiere wollen oft gar nicht gefunden werden. Als Ausbilderin zeige ich dir, wie diese faszinierende Arbeit funktioniert und wie du sie trainieren kannst.

📌 Das Wichtigste zum Pettrailing

  • Definition: Die Suche nach vermissten Haustieren (Hund, Katze, Schildkröte) anhand ihres Individualgeruchs.
  • Der Unterschied: Der Geruchsartikel ist kein T-Shirt, sondern Fell, eine Decke oder ein Halsband des Tieres.
  • Die Schwierigkeit: Entlaufene Tiere haben oft Angst. Der Suchhund darf keine Aggression zeigen, sondern muss ruhig anzeigen.
  • Das Ziel: Nicht das „Fangen“, sondern das Lokalisieren („Einkreisen“), um dann eine Lebendfalle aufzustellen.

📚 Der Kontext: Dieser Artikel erweitert das Thema Mantrailing. Zurück zur Hauptübersicht

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Mantrailing vs. Pettrailing: Der feine Unterschied

Technisch gesehen machen wir das Gleiche wie beim Mantrailing: Der Hund bekommt einen Geruch präsentiert und folgt der Spur. Aber psychologisch ist es eine andere Welt.

  • Zielobjekt Mensch: Bleibt meist stehen, lässt sich finden, freut sich (im Sport).
  • Zielobjekt Tier: Bewegt sich oft unvorhersehbar, versteckt sich in engen Röhren oder auf Bäumen (Katzen), hat Angst oder ist verletzt.

Dein Suchhund muss lernen: „Das Ziel ist keine Beute, die ich reißen soll, sondern ein Freund, den ich anzeigen muss.“

Der Geruchsartikel beim Tier (Fell & Speichel)

Woher nehmen wir den Geruch, wenn das Tier weg ist? Hier ist saubere Arbeit noch wichtiger als beim Menschen, da im Haushalt oft Gerüche gemischt sind (Mensch kuschelt mit Hund).

Gute Geruchsträger:

  • Bürste mit Haaren des vermissten Tieres.
  • Das eigene Halsband/Geschirr (Achtung: nicht anfassen!).
  • Eine Kotprobe (falls vorhanden und eindeutig zuzuordnen).
  • Abstrich vom Schlafplatz (Körbchen).

Wie beim Mantrailing-Geruchsartikel gilt: Verpacke ihn luftdicht in einem Glas oder einer Tüte und vermeide Kontamination durch andere Haustiere.

Links ein Glas mit einem T-Shirt (Mensch), Rechts ein Glas mit einer Tierhaarbürste voller Fell (Pettrailing). Sauber beschriftet.
Das „Scent Sample“: Haare speichern den Individualgeruch hervorragend. Wichtig ist, dass keine Haare vom Zweithund dabei sind!

Wie trainiert man Tiersuche? (Die sichere Box)

Du kannst nicht einfach die Nachbarskatze jagen. Das wäre Tierschutzwidrig. Wir arbeiten im Training mit gesicherten „Versteck-Tieren“.

Schritt 1: Der bekannte Hund

Ein befreundeter Hund (den dein Hund mag!) geht mit seinem Besitzer spazieren und versteckt sich hinter einem Busch. Dein Hund bekommt das Halsband des Freundes zum Riechen. Er sucht, findet und darf kurz „Hallo“ sagen (Belohnung).

Schritt 2: Die Katze in der Box (High Level)

Wenn wir nach Katzen suchen, nutzen wir im Training eine sichere Transportbox, die hochgestellt wird (Tisch/Mauer), damit der Suchhund nicht direkt rankommt. In der Box sitzt eine entspannte, hundeerfahrene Katze (oder es wird nur eine Box mit Katzengeruch genutzt). Der Hund lernt: „Hinriechen, anzeigen (Sitz/Bellen), Party beim Menschen abholen.“

Gefahren: Jagdtrieb und „Predatory Drift“

Pettrailing ist nichts für Hunde mit unkontrollierbarem Jagdtrieb. Wenn dein Hund beim Anblick einer Katze durchdreht, ist diese Arbeit gefährlich. Er könnte im Arbeitsmodus (Trieb) in ein Jagdverhalten kippen („Predatory Drift“).

Deshalb arbeiten wir im Pettrailing ausschließlich an der Leine und trainieren eine passive Anzeige (Absitzen oder Platz) am Fundort, niemals ein Hineinstürmen.

Ein Suchhund sitzt ruhig vor einer hochgestellten Transportbox (geschlossen), schaut den Hundeführer an. Er bellt nicht und kratzt nicht.
Die Lebensversicherung für das gefundene Tier: Der Suchhund muss lernen, Abstand zu halten und ruhig anzuzeigen.

🐾 Aus meiner Praxis: Der entlaufene Dackel

Wir suchten einen Dackel, der seit 3 Tagen im Wald vermisst wurde. Mein Suchhund zeigte an einem Fuchsbau extrem starkes Interesse („High Scent“), ging aber nicht rein, sondern setzte sich davor.

Das war der Schlüssel. Wäre er reingestürmt, hätte er den Dackel vielleicht verletzt oder tiefer in den Bau getrieben. Wir konnten den Bau mit einer Wildkamera überwachen und den Dackel nachts mit einer Lebendfalle sichern. Pettrailing heißt oft: Finden, nicht fangen!


Häufige Fragen zum Pettrailing

Kann mein Hund auch seine eigene Art (Hunde) suchen?

Ja, das ist für viele Hunde sogar einfacher als Menschensuche, da der Geruch von Artgenossen extrem interessant ist. Es ist ein toller Einstieg in die Nasenarbeit.

Was mache ich, wenn mein Tier entlaufen ist?

Ruhe bewahren. Bleib am Ort des Verschwindens (Hunde kommen oft zurück). Informiere TASSO und die Polizei. Suche nach professionellen Pettrailern (z.B. K-9), aber starte keine wilde Suchaktion mit Freunden, die den Hund vertreiben („Hetzjagd“).

Brauche ich eine andere Ausrüstung?

Nein, die Mantrailing-Ausrüstung (Geschirr, lange Leine, Warnweste) ist identisch. Wichtig ist nur, dass du sterile Behälter für Tierhaare etc. dabei hast.

Quellenhinweis & Standards: Die Empfehlungen zum Verhalten bei entlaufenen Tieren basieren auf den Richtlinien von TASSO e.V. und etablierten Pettrailing-Organisationen.

Sabine Reincke
Sabine Reincke

Sabine Reincke: Eine umfassend erfahrene Expertin für alle Themen rund um den Hund. Mit über 15 Jahren praktischer Erfahrung, darunter 10 Jahre in der DRK Rettungshundestaffel und als Mantrailer, kombiniert Sabine tiefgreifendes Fachwissen in Hundeerziehung, -verhalten und Rassekunde mit unschätzbarer praktischer Erfahrung. Derzeit vertieft sie ihre Kenntnisse in einer Hundetrainer-Ausbildung und ergänzt dies durch diverse Fachseminare, auch im Bereich Hundegesundheit. Als ausgebildete Sanitäterin und durch ihre Präsenz in der Presse ist Sabine eine anerkannte Autorität, die vertrauenswürdige und fundierte Informationen zu allen Aspekten des Hundelebens bietet.

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