


Hunde sprechen nicht mit Worten, doch sie kommunizieren ununterbrochen mit uns – über ihre faszinierende Körpersprache. Jede Bewegung, jede Haltung ist ein Puzzleteil ihrer Gefühlswelt. Ein glücklicher Hund, der Sie mit wedelndem Schwanz und entspannten Ohren begrüßt, ist nur der Anfang. Die wahre Meisterschaft für uns Hundehalter liegt darin, auch die leisen und subtilen Töne zu verstehen. Nur so können wir eine tiefe und vertrauensvolle Beziehung zu unserem Vierbeiner aufbauen.
In diesem Artikel, geschrieben mit der Erfahrung aus über 15 Jahren in der Arbeit mit Hunden, unter anderem in der DRK Rettungshundestaffel, führe ich Sie durch die komplexen Signale der Hunde. Wir entschlüsseln gemeinsam, was Ihr Hund Ihnen wirklich sagen möchte.
Inhaltsverzeichnis:

Hunde kommunizieren auf mehreren Ebenen gleichzeitig. Um sie wirklich zu verstehen, müssen wir alle Kanäle wahrnehmen:
In diesem Ratgeber konzentrieren wir uns auf die visuelle Kommunikation, die Körpersprache, da wir sie als Menschen am besten beobachten und interpretieren können.

Um die Körpersprache Ihres Hundes zu deuten, müssen Sie zum Detektiv werden. Achten Sie auf die feinen Details der einzelnen Körperteile und setzen Sie sie wie ein Puzzle zum Gesamtbild zusammen.
Die Augen eines Hundes verraten unglaublich viel. Ein direkter, weicher Blick signalisiert oft Vertrauen und Aufmerksamkeit. Ein starrender, harter Blick hingegen kann eine Drohung oder Herausforderung sein – eine Situation, die man deeskalieren sollte, indem man selbst den Blick abwendet. Macht Ihr Hund hingegen große, runde „Kulleraugen“, bei denen das Weiße sichtbar wird („Whale Eye“), ist er oft gestresst oder ängstlich. Ein gesenkter oder abgewandter Blick ist meist ein Zeichen von Unsicherheit oder Unterwerfung.
Die Ohrenstellung ist ein sehr schnelles und ehrliches Signal. Nach vorne gerichtete Ohren zeigen Konzentration und Neugier. Entspannt seitlich oder leicht nach hinten getragene Ohren deuten auf eine neutrale bis positive Stimmung hin. Werden die Ohren jedoch flach und eng an den Kopf angelegt, ist das ein klares Zeichen für Angst oder Unterwerfung. Aus meiner Erfahrung in der Arbeit mit ängstlichen Hunden weiß ich, dass dies oft eines der ersten Anzeichen ist, dass sich ein Hund in einer Situation unwohl fühlt.
Die Mimik rund um die Schnauze ist subtil, aber aussagekräftig. Entspannte, leicht geöffnete Lefzen deuten auf Wohlbefinden hin. Werden die Lefzen kurz hochgezogen und die Zähne entblößt, ist das ein defensives Drohen, oft aus Unsicherheit. Ein nach vorne gezogenes, gekräuseltes Maul mit gefletschten Zähnen ist hingegen eine offensive Drohung. Das oft als „Lächeln“ missverstandene Hochziehen der Lefzen bei zurückgelegten Ohren ist ein Beschwichtigungssignal und zeigt eher Unsicherheit als Freude.
Das Schwanzwedeln ist das wohl bekannteste, aber auch am häufigsten missverstandene Signal. Ein lockeres, weites Wedeln auf mittlerer Höhe, bei dem der ganze Körper mitschwingt, ist tatsächlich ein Zeichen von Freude. Aber Achtung: Eine hoch getragene, steife und schnell zuckende Rute signalisiert hohe Erregung und Anspannung, die auch in Aggression umschlagen kann. Eine zwischen die Beine geklemmte Rute ist ein klares Indiz für Angst. Die Haltung der Rute ist also immer im Kontext der gesamten Körperhaltung zu bewerten.
Letztendlich fügen sich alle Signale zu einem Gesamtbild zusammen. Ein selbstsicherer Hund steht aufrecht, mit hohem Körperschwerpunkt und erhobenem Kopf. Ein ängstlicher Hund macht sich klein, duckt sich, senkt den Kopf und verlagert sein Gewicht nach hinten, bereit zur Flucht. Ist ein Hund traurig oder fühlt sich unwohl, lässt er oft den Kopf hängen, sein Rücken ist gekrümmt und er zeigt wenig Bewegung. Eine nach vorne gebeugte, angespannte Haltung ist ein Zeichen von hoher Aufmerksamkeit und oft ein Vorbote einer Aktion.
Anhand der Kombination der Signale können wir auf die Emotionen unseres Hundes schließen.
Ein glücklicher, entspannter Hund hat eine lockere Körperhaltung, weiche Augen, leicht geöffnete Lefzen und eine wedelnde Rute in mittlerer Höhe. Oft fordert er mit einer „Spielverbeugung“ (Vorderkörper tief, Hinterteil hoch) zum Spielen auf.
Wenn ein Hund Angst hat, macht er sich klein, klemmt die Rute ein, legt die Ohren an und meidet Blickkontakt. Er kann auch zittern, hecheln oder sich die Lefzen lecken. Es ist entscheidend, diese Signale zu erkennen und den Hund aus der für ihn bedrohlichen Situation zu entfernen, anstatt ihn zu bestrafen.
Hunde nutzen eine Reihe von Signalen, um sich selbst und andere zu beruhigen und Konflikte zu vermeiden. Diese sogenannten Beschwichtigungssignale werden oft gezeigt, wenn ein Hund sich überfordert oder gestresst fühlt. Dazu gehören:
Wenn Sie diese Signale bei Ihrem Hund beobachten, ist das ein Hinweis darauf, dass die aktuelle Situation für ihn stressig ist. Ein tieferes Verständnis dieser Signale ist für jeden Hundehalter essenziell. Eine hervorragende, wissenschaftlich fundierte Quelle hierzu bietet die Veterinärmedizinische Universität Wien.
Aggression ist ein komplexes Thema und tritt selten aus dem Nichts auf. Hunde zeigen in der Regel eine Reihe von Warnsignalen, bevor sie zubeißen. Man spricht hier von der „Eskalationsleiter“. Sie beginnt mit subtilen Stresszeichen (Gähnen, Blinzeln), geht über deutlichere Signale wie Wegschauen, Erstarren und Knurren bis hin zum Zähnefletschen, Abschnappen in die Luft und schließlich dem Biss. Es ist unsere Verantwortung als Halter, bereits die untersten Stufen dieser Leiter zu erkennen und zu deeskalieren.
Fehlinterpretationen können die Beziehung zwischen Mensch und Hund belasten. Hier die häufigsten Fehler:
Die richtige Reaktion auf die Signale Ihres Hundes stärkt das Vertrauen und die Bindung. Zeigt Ihr Hund Anzeichen von Angst (geduckte Haltung, angelegte Ohren), sprechen Sie ruhig und schaffen Sie Distanz zur Ursache der Angst. Bedrängen Sie ihn nicht. Zeigt er Freude, erwidern Sie diese mit ruhiger, positiver Zuwendung. Wenn Sie ein Knurren hören, bestrafen Sie Ihren Hund niemals dafür! Er kommuniziert sein Unbehagen – nehmen Sie diese Warnung ernst und vergrößern Sie den Abstand zum Auslöser. Indem Sie lernen, die Körpersprache Ihres Hundes zu lesen, geben Sie ihm die Sicherheit, verstanden zu werden.
Das Schieflegen des Kopfes ist oft ein Zeichen von Neugier und Konzentration. Der Hund versucht, ein Geräusch besser zu orten oder einen visuellen Reiz aus einem anderen Winkel zu betrachten. Es kann aber auch erlerntes Verhalten sein, wenn er merkt, dass Menschen es niedlich finden.
Das Lecken des Menschen kann Zuneigung, aber auch eine beschwichtigende Geste sein. Wenn sich ein Hund häufig die eigenen Lefzen leckt, ohne dass Futter in der Nähe ist, ist dies ein klares Zeichen von Stress oder Unsicherheit.
Der Kontext ist entscheidend. Ein weicher, entspannter Blickkontakt ist oft ein Zeichen von Zuneigung und Bindung („Oxytocin-Blick“). Ein harter, fixierender starrer Blick ist hingegen oft Teil einer Drohgebärde und sollte ernst genommen werden.
Zu den wichtigsten Beschwichtigungssignalen (Calming Signals) gehören Gähnen, sich über die Nase lecken, den Kopf abwenden, Blinzeln, Erstarren und das Heben einer Pfote. Sie dienen dazu, Konflikte zu vermeiden und Stress abzubauen.