Ein Welpe schläft auf dem Boden

Wie viel Schlaf braucht ein Welpe? Tabelle, Tagesplan und der „Aus-Knopf“

⚠️ Wichtiger Hinweis zur Entwicklung: Schlafmangel schädigt das Gehirn und das Immunsystem eines Welpen nachhaltig. Ein Welpe, der dauerhaft zu wenig schläft, wird nicht „abgehärtet“, sondern krank, immungeschwächt und verhaltensauffällig (aggressiv/hyperaktiv). Ruhe ist wichtiger als das nächste Sitz-Training!

Sie haben den Welpen gerade ausgepowert, waren spazieren und haben gespielt – aber statt zu schlafen, dreht der kleine Kerl jetzt erst richtig auf? Er rennt wie von der Tarantel gestochen durch die Wohnung und beißt in Hosenbeine?

Als Hundetrainerin höre ich dann oft: „Der ist noch gar nicht müde, ich muss mehr mit ihm machen!“ Stopp! Genau das Gegenteil ist der Fall. Ihr Welpe ist völlig überdreht. In diesem Artikel zeige ich Ihnen, warum „nach müde blöd kommt“ und wie Sie Ihren Welpen liebevoll zur Ruhe zwingen müssen, wenn er den „Aus-Knopf“ selbst nicht findet.

📌 Die Faustformel für Welpen-Schlaf

  • Gesamtdauer: 18 bis 22 Stunden pro Tag (Schlaf + Dösen).
  • Aktivzeit: Maximal 2 bis 6 Stunden (verteilt auf den ganzen Tag!).
  • Die Regel: Nach JEDER Aktion (Fressen, Spielen, Gassi) folgt eine Ruhephase.
  • Warnsignal: Wenn der Welpe beißt, bellt oder „die 5 Minuten“ bekommt, ist er meist übermüdet, nicht unterfordert.

Dieser Artikel gehört zu unserem großen Erziehungs-Guide. Starten Sie hier: Wann Welpen erziehen? (Der Fahrplan).

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Warum 20 Stunden? Was im Gehirn passiert

Ein Welpe lernt jeden Tag unfassbar viel: Neue Gerüche, Geräusche, Regeln. Sein Gehirn bildet tausende neuer Synapsen. Dieser Prozess („Lernen“) findet aber nicht auf dem Hundeplatz statt, sondern im Schlaf.

Nur wenn der Welpe schläft, werden die Erlebnisse vom Kurzzeit- ins Langzeitgedächtnis verschoben. Schläft er nicht, „löscht“ das Gehirn das Gelernte wieder oder speichert Stress ab. Ein Welpe mit Schlafmangel ist wie ein übermüdetes Kleinkind: Quengelig, unkonzentriert und nah am Wasser gebaut.

Balkendiagramm Vergleich: Mensch (8 Std), Erwachsener Hund (14-16 Std), Welpe (18-22 Std). Großer roter Bereich für 'Ruhebedarf'.
Unterschätzen Sie den Bedarf nicht: Ihr Welpe verschläft fast 90% seines jungen Lebens – und das ist gut so!

Übermüdung erkennen: Die „Zombi-Phase“

Viele Halter deuten die Zeichen falsch. Ein übermüdeter Welpe legt sich selten freiwillig hin. Er zeigt stattdessen Stress-Symptome:

  • Die „dollen 5 Minuten“: Wildes Rennen im Kreis, Rammeln von Kissen oder Beinen.
  • Beißattacken: Er zwickt schmerzhaft in Hände oder Füße und lässt sich nicht beruhigen (siehe: Welpe beißt).
  • Kläffen: Er bellt scheinbar grundlos.
  • Unruhe: Er läuft ständig hinter Ihnen her und findet keine Liegeposition.

Wenn Sie dieses Verhalten sehen, machen Sie kein Spielzeug mehr an. Es ist Zeit für eine Zwangspause.

Beispiel: Ein perfekter Welpen-Tagesplan

Struktur gibt Sicherheit. So könnte ein Tag aussehen (Zeiten variieren natürlich):

ZeitAktivitätModus
07:00Aufstehen, Pipi machen, FressenAktiv
07:30 – 10:00Schlafen / DösenRUHE
10:00Kurz raus (Pipi), 5 Min. Spielen/TrainingAktiv
10:30 – 13:00SchlafenRUHE
13:00Pipi, Fressen, Welt erkunden (Garten)Aktiv
… (Rhythmus wiederholen)

🐾 Aus meiner Praxis: Der „terrorisierende“ Labrador

Familie Müller rief mich verzweifelt an: „Unser 10 Wochen alter Labrador ist aggressiv!“ Er biss die Kinder blutig und zerlegte das Sofa. Ich fragte nach dem Tagesablauf: Morgens 1 Stunde Spaziergang, mittags Ballspielen im Garten, abends Toben mit den Kindern. Der Hund war seit 16 Stunden wach! Wir verordneten sofortigen „Knast“: Nach jedem Rausgehen kam der Welpe in seinen Laufstall (Welpenauslauf) mit einem Kauknochen. Ergebnis: Er schlief sofort ein. Nach 3 Tagen war die „Aggression“ weg. Er war einfach nur todmüde.

Anleitung: So bringen Sie ihn zur Ruhe

Wenn der Welpe nicht von selbst umfällt, müssen Sie ihm helfen. Wir nennen das „Raumbegrenzung“.

  1. Der Ort: Nutzen Sie eine Hundebox (positiv aufgebaut!) oder einen Welpenauslauf. Dort gibt es kein Spielzeug, nur eine weiche Decke.
  2. Das Ritual: Geben Sie ihm etwas zum Kauen (Rinderkopfhaut oder Kong). Kauen und Lecken beruhigt (setzt Endorphine frei).
  3. Die Haltung: Ignorieren Sie ihn. Kein Ansprechen, kein Streicheln. Werden Sie selbst ruhig (lesen Sie ein Buch daneben).
Ein Welpenauslauf (Gitter) im Wohnzimmer. Darin schläft ein Welpe tief und fest. Ein Kauknochen liegt daneben. Atmosphäre von Sicherheit und Ruhe.
Ein Welpenauslauf ist keine Strafe, sondern eine Ruheinsel. Hier muss der Hund keine Entscheidungen treffen.

Häufige Fragen (FAQ)

Darf ich den Welpen wecken?

Nein, niemals! Schlafende Hunde soll man nicht wecken – das gilt besonders für Welpen. Im Schlaf finden Wachstum und Gehirnentwicklung statt. Stören Sie diesen Prozess nicht.

Schlafen Welpen nachts durch?

Anfangs meist nicht, da die Blase noch klein ist. Viele Welpen müssen nachts 1-2 Mal raus. Achten Sie darauf, nachts kein „Party-Programm“ zu machen: Nur raus, Pipi, rein, weiterschlafen. Kein Licht, kein Spielen.

Mein Welpe winselt in der Box – was tun?

Wenn er Pipi muss: Rausbringen. Wenn er nur protestiert: Bleiben Sie am Gitter sitzen, stecken Sie evtl. eine Hand hinein, aber holen Sie ihn nicht raus. Er muss lernen, dass die Box Ruhezeit bedeutet. Fangen Sie das Training in kleinen Schritten an.

Quellenhinweis: Die Empfehlungen zum Schlafbedarf basieren auf verhaltensbiologischen Studien zur Ontogenese (Entwicklung) von Hunden. Trainingsansätze folgen den Richtlinien gewaltfreier Hundeerziehung.

Sabine Reincke
Sabine Reincke

Sabine Reincke: Eine umfassend erfahrene Expertin für alle Themen rund um den Hund. Mit über 15 Jahren praktischer Erfahrung, darunter 10 Jahre in der DRK Rettungshundestaffel und als Mantrailer, kombiniert Sabine tiefgreifendes Fachwissen in Hundeerziehung, -verhalten und Rassekunde mit unschätzbarer praktischer Erfahrung. Derzeit vertieft sie ihre Kenntnisse in einer Hundetrainer-Ausbildung und ergänzt dies durch diverse Fachseminare, auch im Bereich Hundegesundheit. Als ausgebildete Sanitäterin und durch ihre Präsenz in der Presse ist Sabine eine anerkannte Autorität, die vertrauenswürdige und fundierte Informationen zu allen Aspekten des Hundelebens bietet.

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