Ein junger Golden Retriever Welpe lernt an der Leine langsam und kontrolliert das Treppensteigen.

Ab wann dürfen Welpen Treppen laufen? (Mythen vs. Fakten)

⚠️ Wichtiger Hinweis: Die folgenden Empfehlungen gelten für gesunde Welpen ohne Vorerkrankungen. Bei Rassen mit extrem langem Rücken (Dackel, Corgi) oder Riesenrassen (Doggen) besprechen Sie den individuellen Belastungsplan bitte mit Ihrem Züchter oder einem Orthopäden.

Hallo, ich bin Sabine Reincke. Haben Sie auch schon mal einen 20-Kilo-Junghund in den 3. Stock geschleppt, während Ihr Rücken leise „Hilfe“ schrie? Lange Zeit galt die eiserne Regel: „Keine Treppen vor dem ersten Geburtstag!“

Heute sehen wir das differenzierter. Ein Hund, der nie gelernt hat, seine vier Pfoten auf Stufen zu koordinieren, lebt gefährlich. Wenn er später zu schwer zum Tragen ist und stolpert, sind Verletzungen vorprogrammiert. In diesem Artikel räumen wir mit alten Mythen auf und ich zeige Ihnen, wie Sie das Treppensteigen als gesundes Training nutzen – ohne die Gelenke zu ruinieren.

⚡ Das Wichtigste in Kürze

  • Die 3-Monats-Marke: Ab ca. 12 Wochen können Welpen anfangen, kontrolliert einzelne Stufen zu üben.
  • Hoch ist besser als Runter: Beim Hinablaufen lastet das meiste Gewicht auf den unfertigen Vorderläufen. Runtertragen ist daher länger Pflicht als Hochlaufen.
  • Kein Rutschen: Glatte Holztreppen sind tabu! Nutzen Sie Teppichfliesen oder tragen Sie den Hund.
  • Kontext: Dieser Gesundheits-Ratgeber gehört zu unserem großen Welpen-Guide.
Inhaltsverzeichnis (Hier klicken zum Ausklappen)
Ein kleiner Golden Retriever Welpe steht am unteren Ende einer Holztreppe und schaut skeptisch die Stufen hinauf, das Licht fällt von oben
Respekt vor der Höhe ist gesund: Zwingen Sie den Welpen niemals, wenn er Angst hat.

🐾 Aus meiner Praxis

Wir hatten einen Schäferhund im Training, der bis zum 10. Monat konsequent getragen wurde. Als er 35kg wog, musste er laufen. Das Ergebnis: Er verfiel auf der Treppe in Panik, stolperte und zog sich eine Zerrung zu. Das Problem war nicht die Belastung, sondern die fehlende Motorik. Mein Rat: Lassen Sie den Welpen früh üben – aber wie im Fitnessstudio. 3 Stufen sauber ausgeführt sind besser als 20 Stufen hastig gestolpert.

1. Der Mythos: „Treppen verursachen HD“

Lange hieß es, Treppensteigen sei der Hauptauslöser für Hüftgelenksdysplasie (HD). Neuere Studien zeigen jedoch: Genetische Veranlagung und Übergewicht durch falsche Ernährung sind weitaus größere Risikofaktoren.

Tatsächlich kann moderates Treppensteigen (im Schritttempo!) sogar helfen, die Hinterhandmuskulatur zu stärken, die das Gelenk stabilisiert. Das Gift ist nicht die Bewegung, sondern die Überlastung.

2. Die goldene Regel: Koordination vor Kondition

Ein Welpe darf Treppen laufen, um zu lernen, wie er seine Beine sortiert. Er darf sie nicht laufen, um „Sport“ zu machen.

  • Erlaubt: Einmal am Tag ruhig 4-5 Stufen hochgehen (an der Leine).
  • Verboten: Den Welpen im Spiel die Treppe rauf- und runterrennen lassen.
  • Verboten: Glatte, offene Stufen, auf denen die Pfoten wegrutschen (Spreiz-Gefahr!).

👉 Sicherheitstipp: Sichern Sie Treppenauf- und abgänge unbedingt mit Gittern, damit der Welpe keine Alleingänge startet. Welche Gitter sicher sind, finden Sie in unserer Checkliste zur Erstausstattung.

3. Warum „Runter“ gefährlicher ist

Beim Treppensteigen wirken unterschiedliche Kräfte:

  • Hoch: Der Schub kommt aus der Hinterhand. Das ist gutes Muskeltraining.
  • Runter: Das gesamte Körpergewicht landet bei jedem Schritt stumpf auf den Vorderläufen (Schultern und Ellbogen). Die Wachstumsfugen sind hier besonders empfindlich.

Faustregel: Hochlaufen darf er früher lernen. Runtertragen sollten Sie ihn deutlich länger (bis ca. 5-6 Monate oder bis er zu schwer wird).

Vektor-Grafik: Ein Hundeskelett auf der Treppe. Beim Runtergehen sind die Vorderläufe rot markiert (hohe Belastung), beim Hochgehen die Hinterläufe grün (Training)
Die Physik der Treppe: Bergab wirkt die Schwerkraft gegen die Gelenke.

4. Anleitung: Richtig Treppensteigen üben

Nutzen Sie eine kurze Leine und ein gut sitzendes Geschirr, um den Welpen zu sichern.

  1. Starten Sie mit nur 2-3 Stufen (z.B. vor der Haustür).
  2. Gehen Sie langsam vor dem Hund her. Bremsen Sie ihn aus.
  3. Er soll nicht hüpfen (Hase), sondern schreiten (ein Bein nach dem anderen).
  4. Loben Sie ruhiges Verhalten.

Wenn er angstfrei ist, tragen Sie ihn den Rest der Treppe.

5. Besonderheiten bei großen Rassen

Ein Labrador wächst schneller als ein Dackel. Seine Knochen sind weicher. Bei Riesenrassen (Dogge, Neufundländer) sollten Sie bis zum 6. Lebensmonat extrem vorsichtig sein und Treppen fast komplett meiden bzw. nur zur Motorik-Schulung nutzen.

Achtung Dackel: Aufgrund des langen Rückens ist Treppensteigen für Dackel lebenslang ein Risiko (Dackellähme). Hier gilt: Tragen oder Rampe nutzen!

Nahaufnahme: Beine eines Menschen und eines Welpen auf einer mit Teppich belegten Treppe. Die Leine ist kurz, der Welpe setzt bedacht eine Pfote auf die nächste Stufe
Kontrolle ist alles: Führen Sie den Welpen am Geschirr, damit er nicht stolpert oder stürmt.

Häufige Fragen zu Welpen & Treppen

Ab welchem Monat darf er allein laufen?

Ein gesundes Maß an Selbstständigkeit ist ab dem 5. bis 6. Monat okay, sofern der Hund nicht rennt. Bis zum 12. Monat sollten Sie „Marathon-Treppen“ (4. Stock Altbau) jedoch vermeiden.

Was tun, wenn ich im 4. Stock ohne Aufzug wohne?

Tragen Sie den Welpen so lange es geht. Wenn er zu schwer wird (ab 20kg): Lassen Sie ihn einen Teil laufen (z.B. 1 Stockwerk), tragen Sie den Rest. Machen Sie Pausen auf den Absätzen.

Sind Treppen gut für den Muskelaufbau?

Nur das langsame Hochsteigen. Es kräftigt die Hinterhand und den Rückenstrecker. Aber: Als Welpentraining ist das zu intensiv! Nutzen Sie lieber Schrägen im Wald.

Quellenhinweis: Erkenntnisse zur Biomechanik bei Welpen basieren auf Studien zur Kinetik und Empfehlungen führender Tierphysiotherapeuten.

Sabine Reincke
Sabine Reincke

Sabine Reincke: Eine umfassend erfahrene Expertin für alle Themen rund um den Hund. Mit über 15 Jahren praktischer Erfahrung, darunter 10 Jahre in der DRK Rettungshundestaffel und als Mantrailer, kombiniert Sabine tiefgreifendes Fachwissen in Hundeerziehung, -verhalten und Rassekunde mit unschätzbarer praktischer Erfahrung. Derzeit vertieft sie ihre Kenntnisse in einer Hundetrainer-Ausbildung und ergänzt dies durch diverse Fachseminare, auch im Bereich Hundegesundheit. Als ausgebildete Sanitäterin und durch ihre Präsenz in der Presse ist Sabine eine anerkannte Autorität, die vertrauenswürdige und fundierte Informationen zu allen Aspekten des Hundelebens bietet.

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