Mücke auf der Schnauze kann Herzwürmer übertragen

Herzwürmer beim Hund: Symptome, Ansteckung & der 6-Monats-Test

⚠️ Wichtiger medizinischer Hinweis: Herzwürmer sind unbehandelt tödlich. Die Behandlung einer fortgeschrittenen Erkrankung ist riskant und komplex. Setzen Sie niemals auf „natürliche Hausmittel“ zur Vorbeugung in Risikogebieten – diese bieten keinen Schutz vor den übertragenen Mikrofilarien.

Wenn wir an Parasiten denken, juckt es uns oft nur. Doch Herzwürmer (Dirofilaria immitis) sind eine ganz andere Liga. Sie leben nicht auf dem Hund, sondern in ihm – genauer gesagt in den großen Lungengefäßen und der rechten Herzkammer.

Als langjährige Hundeführerin in der Rettungshundestaffel sehe ich mit Sorge, dass Herzwürmer oft unterschätzt werden. Viele Halter glauben, es sei ein reines „Mittelmeer-Problem“. Doch durch den Klimawandel und den Reiseverkehr breitet sich die Gefahr aus. Hier erfahren Sie, warum Husten ein Alarmzeichen ist und warum der Bluttest direkt nach dem Urlaub sinnlos ist.

📌 Das Wichtigste in Kürze (Fakten-Check)

  • Überträger: Stechmücken (Moskitos) übertragen die Larven beim Blutsaugen.
  • Inkubationszeit: Es dauert ca. 6 Monate, bis Larven zu erwachsenen Würmern reifen und nachweisbar sind.
  • Symptome: Anfangs keine! Später Husten, Leistungsschwäche, Atemnot.
  • Prävention: Spot-ons oder Tabletten töten die Larven ab, bevor sie zum Herzen gelangen.
Inhaltsverzeichnis ausklappen

Der Mücken-Stich: Wie kommen Würmer ins Herz?

Herzwürmer werden nicht direkt von Hund zu Hund übertragen. Es braucht immer einen Zwischenwirt: die Mücke. Wenn eine Mücke einen infizierten Hund sticht, nimmt sie winzige Larven (Mikrofilarien) auf. Beim nächsten Stich gibt sie diese an Ihren Hund weiter.

Das Tückische: Diese Larven wandern monatelang durch das Gewebe des Hundes, bevor sie in die Blutgefäße eindringen und zum Herzen wandern. Dort wachsen sie zu bis zu 30 cm langen „Spaghetti-artigen“ Würmern heran.

Grafik Zyklus: 1. Mücke sticht, 2. Larven wandern (Monate), 3. Adulte Würmer im Herz, 4. Produktion neuer Larven.
Vom Stich bis zum ausgewachsenen Wurm im Herzen vergeht rund ein halbes Jahr – die sogenannte Präpatenzzeit.

Die 4 Stadien: Von unauffällig bis lebensgefährlich

Die Symptome hängen davon ab, wie viele Würmer den Hund befallen haben und wie lange sie schon dort sind. Wir teilen die Krankheit in vier Klassen ein:

  • Klasse 1 (Symptomlos): Der Hund wirkt gesund. Die Würmer sind noch jung oder wenige.
  • Klasse 2 (Leicht): Gelegentlicher Husten, leichte Ermüdung nach Belastung.
  • Klasse 3 (Schwer): Gewichtsverlust, ständiger Husten, Hund atmet schwer (Atemnot), aufgeblähter Bauch (Aszites durch Rechtsherzversagen).
  • Klasse 4 (Caval-Syndrom): Die Würmer verstopfen die Hohlvene komplett. Der Hund bricht zusammen. Der Urin ist oft dunkelrot/kaffeeartig (Hämoglobinurie). Dies ist ein akuter Notfall mit hoher Sterblichkeit.

Diagnose: Warum wir 6 Monate warten müssen

Viele Halter kommen direkt nach dem Italien-Urlaub in die Praxis und wollen einen Test. Das ist zu früh. Die gängigen Schnelltests (Antigen-Tests) reagieren auf Proteine, die nur von erwachsenen, weiblichen Herzwürmern abgegeben werden.

Da die Larven aber ca. 6 Monate brauchen, um erwachsen zu werden, ist ein Test direkt nach dem Urlaub fast immer negativ – auch wenn der Hund infiziert ist.

Die Regel: Testen Sie frühestens 6 Monate nach der letzten möglichen Ansteckung (Reiseende).

🐾 Aus meiner Praxis: Der Tierschutz-Irrtum

Ich erlebe oft, dass frisch adoptierte Hunde aus dem Süden einen negativen Test im Ausweis haben und die Besitzer denken: „Alles sicher.“ Doch Vorsicht: Wenn der Hund kurz vor der Ausreise gestochen wurde, ist der Test noch negativ. Ich empfehle jedem Adoptanten, den Herzwurm-Test (Antigen + Knott-Test auf Mikrofilarien) hier in Deutschland nach 6 Monaten zu wiederholen. Nur so haben Sie Gewissheit.

Therapie vs. Prophylaxe: Ein toxischer Unterschied

Die Behandlung einer manifesten Herzwurmerkrankung ist kein Spaziergang. Sie ist langwierig, teuer und riskant.

Die Therapie (Wenn Würmer da sind)

Um die erwachsenen Würmer abzutöten, wird oft eine arsenhaltige Verbindung (Melarsomin) tief in die Rückenmuskulatur gespritzt. Das ist schmerzhaft. Das größte Risiko: Die absterbenden Würmer können in der Lunge verklumpen und eine tödliche Lungenembolie auslösen. Der Hund muss wochenlang absoluten Leinenzwang einhalten.

Die Prophylaxe (Der sichere Weg)

Vorbeugung ist einfach. Tabletten oder Spot-ons (vom Tierarzt) töten die Larven ab, bevor sie sich entwickeln.

Wann? Beginnen Sie kurz vor der Reise in ein Risikogebiet und geben Sie das Mittel monatlich bis 30 Tage nach Rückkehr weiter.

Vergleich: Eine kleine Tablette (Prävention) gegen Röntgenbild mit vergrößertem Herz (Krankheit)
Prävention ist der einzige 100%ige Schutz vor den schweren Folgen einer Infektion.

Häufige Fragen (FAQ)

Sind Herzwürmer auf Menschen übertragbar?

Ja, theoretisch schon (Zoonose). Menschen sind jedoch „Fehlwirte“. Die Larven sterben im menschlichen Körper meist ab oder bilden kleine Knötchen in der Lunge, entwickeln sich aber fast nie zu erwachsenen Würmern.

Helfen Kokosöl oder Bernsteinketten gegen Herzwürmer?

Nein. Es gibt keine wissenschaftlichen Belege für eine Wirksamkeit natürlicher Mittel gegen die Übertragung von Mikrofilarien. In Risikogebieten ist der Verzicht auf medizinische Prophylaxe grob fahrlässig.

Wo in Europa gibt es Herzwürmer?

Klassische Gebiete sind Südeuropa (Italien, Spanien, Griechenland). Durch den Klimawandel breiten sie sich jedoch nordwärts aus – Fälle im Tessin, Ungarn und sogar Süddeutschland nehmen zu.

Quellenhinweis: Die Informationen zur Parasitologie basieren auf den Richtlinien der ESCCAP (European Scientific Counsel Companion Animal Parasites). Für Reisemedizin empfehlen wir eine individuelle Beratung in Ihrer Tierarztpraxis.

Sabine Reincke
Sabine Reincke

Sabine Reincke: Eine umfassend erfahrene Expertin für alle Themen rund um den Hund. Mit über 15 Jahren praktischer Erfahrung, darunter 10 Jahre in der DRK Rettungshundestaffel und als Mantrailer, kombiniert Sabine tiefgreifendes Fachwissen in Hundeerziehung, -verhalten und Rassekunde mit unschätzbarer praktischer Erfahrung. Derzeit vertieft sie ihre Kenntnisse in einer Hundetrainer-Ausbildung und ergänzt dies durch diverse Fachseminare, auch im Bereich Hundegesundheit. Als ausgebildete Sanitäterin und durch ihre Präsenz in der Presse ist Sabine eine anerkannte Autorität, die vertrauenswürdige und fundierte Informationen zu allen Aspekten des Hundelebens bietet.

Artikel: 198
Cookie Consent mit Real Cookie Banner