Ein niedlicher Langhaar-Chihuahua sitzt im Gras und schaut neugierig in die Kamera.

Der Chihuahua: Kein Spielzeug, sondern ein „echter“ Hund mit Löwenherz

⚠️ Warnung vor Qualzucht („Teacup“): Kaufen Sie niemals Welpen, die als „Teacup“ oder „Mini“ beworben werden (unter 1,5 kg Endgewicht). Diese Tiere leiden oft an offenen Schädeldecken (Fontanelle), Hydrozephalus (Wasserkopf) und haben eine drastisch verkürzte Lebenserwartung. Ein gesunder Chihuahua braucht Körpermasse.

Er sitzt in Handtaschen von Promis und bellt auf TikTok-Videos große Hunde an. Kein Hund wird so oft missverstanden wie der Chihuahua. Als Hundetrainerin erlebe ich zwei Extreme: Die einen tragen ihn nur herum (was ihn unsicher macht), die anderen behandeln ihn wie einen Stoffhund.

Dabei ist der Chihuahua – ursprünglich aus Mexiko stammend – ein robuster, intelligenter Begleiter, der lange Wanderungen liebt. In diesem Rasseportrait räumen wir mit Vorurteilen auf und zeigen, warum dieser Zwerg eine konsequente Führung braucht, um kein „Wadenbeißer“ zu werden.

📌 Rasse-Steckbrief (FCI Gruppe 9)

  • Gewicht: Ideal 1,5 bis 3 kg (alles darunter ist gesundheitlich bedenklich).
  • Lebenserwartung: Sehr hoch (14–18 Jahre sind keine Seltenheit).
  • Charakter: Mutig, wachsam, bindungsstark, neigt zur Selbstüberschätzung.
  • Besonderheit: Es gibt ihn in Kurzhaar und Langhaar.
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Charakter: Warum Chihuahuas oft bellen

Der Chihuahua hat ein riesiges Ego im Kleinformat. Er bindet sich extrem eng an seine Bezugsperson und neigt dazu, diese eifersüchtig zu verteidigen. Das berühmte „Kläffen“ ist oft ein Zeichen von:

  1. Unsicherheit: Die Welt ist riesig und bedrohlich. Wenn der Halter keine Sicherheit gibt, regelt der Hund das durch Angriff.
  2. Größenwahn: Chihuahuas wissen oft nicht, wie klein sie sind. Sie legen sich auch mit Doggen an.

Wichtig: Nehmen Sie den Chihuahua ernst. Ein knurrender Hund meint es ernst, auch wenn er nur 2 kg wiegt. Lachen Sie nicht darüber, sondern trainieren Sie Alternativverhalten.

Gesundheit: Die Schwachstellen des Zwergs

Trotz der hohen Lebenserwartung gibt es anatomische Probleme, auf die Sie achten müssen:

  • Patellaluxation: Die Kniescheibe springt heraus. Achten Sie darauf, ob der Hund beim Laufen kurz „hüpft“.
  • Zahnstein: Der Kiefer ist sehr eng, Zähne stehen oft schief. Tägliches Zähneputzen ist beim Chihuahua Pflicht, sonst droht Maulgeruch und Zahnausfall.
  • Trachealkollaps: Die Luftröhre ist instabil. Druck auf den Hals führt zu hustenartigem Röcheln („Rückwärtsniesen“).
  • Kälteempfindlichkeit: Aufgrund der geringen Körpermasse kühlt er schnell aus. Ein Mantel im Winter ist kein Mode-Gag, sondern Tierschutz!
Vergleichsgrafik: Links gesunder Chihuahua (3kg, normale Schnauze). Rechts 'Teacup' (Apfelkopf extrem gewölbt, hervorquellende Augen). Rotes Warnsymbol bei Teacup.
Der „Apfelkopf“ ist zwar im Standard erlaubt, aber extreme Ausprägungen führen oft zu offenen Fontanellen (Löcher im Schädelknochen).

Erziehung auf Augenhöhe (Nicht hochheben!)

Viele Chihuahuas werden bei Hundebegegnungen sofort auf den Arm genommen. Das ist fatal. Der Hund lernt: „Andere Hunde = Gefahr“ und „Auf dem Arm bin ich stark“.

Natürlich müssen Sie Ihren Hund vor ungestümen Labradoren schützen. Aber tun Sie das, indem Sie sich vor Ihren Hund stellen („Blocken“), nicht indem Sie ihn hochreißen. Ein Chihuahua muss lernen, auf eigenen Beinen zu stehen. Er kann (und sollte!) Sitz lernen, Pfote geben und Rückruf beherrschen.

Warum ein Halsband tabu ist

Für Welpen und Kleinhunde gilt: Immer Geschirr! Ein Ruck am Halsband kann bei einem Chihuahua die Luftröhre quetschen oder den Kehlkopf schädigen. Nutzen Sie ein sehr leichtes, weiches Y-Geschirr, das die Schultern freilässt.

🐾 Aus meiner Praxis: Der „Taschen-Tyrann“

Pepe, ein 2,5 kg Chihuahua, durfte alles: Im Bett schlafen, vom Tisch essen und wurde bei jedem Geräusch hochgenommen. Das Ergebnis: Er biss jeden Besucher, der sich „seinem“ Frauchen näherte. Pepe war nicht böse, er war überfordert mit der Rolle des „Leibwächters“. Wir führten feste Regeln ein: Ein fester Schlafplatz (nicht im Bett), Laufen an der Leine statt Tragen. Innerhalb von 4 Wochen wurde aus dem nervösen Tyrannen ein entspannter Begleiter.

Chihuahua liegt und trägt ein gut sitzendes Y-Geschirr. Perspektive auf Augenhöhe.
Ein Chihuahua ist ein vollwertiger Hund, der Waldspaziergänge liebt – mit der richtigen Ausrüstung.

Häufige Fragen (FAQ)

Können Chihuahuas alleine bleiben?

Ja, aber sie tun sich oft schwer damit, da sie sehr bindungsbezogen sind. Das Alleinbleiben muss in winzigen Schritten geübt werden, sonst droht Dauerbellen.

Sind Chihuahuas für Kinder geeignet?

Nur bedingt. Für Kleinkinder sind sie zu zerbrechlich (ein Stolpern des Kindes kann den Hund töten). Zudem schnappen Chihuahuas aus Selbstschutz schneller, wenn sie grob angefasst werden.

Zittern Chihuahuas immer, weil sie frieren?

Nicht immer. Zittern kann Kälte bedeuten, ist beim Chihuahua aber oft ein Ausdruck von Hochspannung, Aufregung oder Energieüberschuss (hoher Stoffwechsel).

Quellenhinweis: Die Rasse-Standards und gesundheitlichen Hinweise basieren auf den Daten der FCI (Gruppe 9, Sektion 6) sowie veterinärmedizinischen Erkenntnissen zu Brachycephalie und Kleinsthunden.

Sabine Reincke
Sabine Reincke

Sabine Reincke: Eine umfassend erfahrene Expertin für alle Themen rund um den Hund. Mit über 15 Jahren praktischer Erfahrung, darunter 10 Jahre in der DRK Rettungshundestaffel und als Mantrailer, kombiniert Sabine tiefgreifendes Fachwissen in Hundeerziehung, -verhalten und Rassekunde mit unschätzbarer praktischer Erfahrung. Derzeit vertieft sie ihre Kenntnisse in einer Hundetrainer-Ausbildung und ergänzt dies durch diverse Fachseminare, auch im Bereich Hundegesundheit. Als ausgebildete Sanitäterin und durch ihre Präsenz in der Presse ist Sabine eine anerkannte Autorität, die vertrauenswürdige und fundierte Informationen zu allen Aspekten des Hundelebens bietet.

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