
Welpe beißt in die Leine: Spiel, Aggression oder Stress? (3 Lösungen)
Sie wollen entspannt spazieren gehen, doch plötzlich verwandelt sich Ihr süßer Welpe in ein kleines Krokodil. Er springt hoch, schnappt nach der Leine, knurrt und lässt nicht mehr los. Je mehr Sie ziehen, desto wilder wird er. Kommt Ihnen das bekannt vor?
Als Hundetrainerin kann ich Sie beruhigen: Das ist völlig normal. Fast jeder Welpenbesitzer kennt diese „Leinen-Attacken“. Aber: Sie müssen richtig reagieren, damit aus dem Spiel kein dauerhaftes Problem wird. In diesem Artikel zeige ich Ihnen, warum „Nein“ schreien oft nichts bringt und wie der „Zwei-Leinen-Trick“ funktioniert.
📌 Warum macht er das? (Ursachen-Check)
- Spieltrieb: Die Leine bewegt sich wie eine Beute (Schlange). Das weckt den Jagdinstinkt.
- Zahnwechsel: Das Gebiss juckt. Kauen beruhigt (siehe Zahnwechsel beim Hund).
- Überforderung (Wichtig!): Oft passiert es am Ende des Spaziergangs. Der Welpe ist „drüber“ und baut Stress durch Beißen ab.
- Frust: Sie bleiben stehen, er will weiter. Er beißt in die „Fessel“, die ihn hält.
💡 Tipp: Dieses Verhalten ist typisch für die erste Erziehungsphase. Den kompletten Fahrplan finden Sie in unserem Hauptartikel: Wann Welpen erziehen? (Der Guide für Woche 8-16).
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Der häufigste Fehler: Tauziehen
Stellen Sie sich vor, Sie sind ein Welpe. Sie beißen in ein Seil. Ihr Mensch zieht daran. Was denken Sie? „Juhu, ein Zerrspiel!“
Wenn Sie versuchen, dem Welpen die Leine aus dem Maul zu reißen, bestätigen Sie ihn unbewusst. Er lernt: „Wenn ich in die Leine beiße, interagiert mein Mensch mit mir.“ Auch Schimpfen („Aus! Nein! Pfui!“) ist oft kontraproduktiv, da es die Aufregung weiter hochfährt.
Strategie 1: Werde zum Baum (Langeweile)
Diese Methode funktioniert gut, wenn der Welpe aus Spieltrieb beißt.
- Sobald er beißt: Bleiben Sie sofort stehen.
- Lassen Sie die Leine locker (kein Zug!), aber lassen Sie sie nicht los.
- Schauen Sie in den Himmel. Ignorieren Sie den Hund komplett.
- Warten Sie. Sobald er loslässt: Loben und sofort weitergehen.
Die Botschaft: Beißen = Der Spaziergang (der Spaß) endet sofort.

Strategie 2: Umlenken (Alternativverhalten)
Wenn der Welpe aus Frust oder Zahnungsschmerz beißt, braucht er ein Ventil. Verbieten allein reicht nicht – Sie müssen ihm sagen, was er stattdessen tun soll.
- Zergel-Tausch: Haben Sie immer ein Spielzeug oder Zergel in der Tasche. Beißt er in die Leine, bieten Sie ihm das Spielzeug an. „Da darfst du reinbeißen!“
- Futter-Suche: Werfen Sie eine Handvoll Leckerlis ins Gras. „Such!“ Das Schnüffeln senkt den Stresspegel und der Mund ist beschäftigt.
Strategie 3: Der Zwei-Leinen-Trick
Für die „harten Fälle“, die sich in Rage beißen und nicht mehr ansprechbar sind. Diese Methode sichert vor allem Ihre Hände und Kleidung.
Nutzen Sie ein Geschirr UND ein Halsband (oder zwei Ringe am Geschirr). Befestigen Sie eine kurze, leichte Hausleine am Geschirr (die schleift am Boden) und die normale Führleine am Halsband.
Der Trick: Wenn er in die Führleine beißt, lassen Sie diese einfach fallen (Sie halten ihn ja noch über die Hausleine/zweite Leine). Die „Beute“ wird plötzlich leblos und langweilig. Er kann nicht mehr Zerrspiel spielen.
🐾 Aus meiner Praxis: Der überdrehte Aussie
Lucky, ein 14 Wochen alter Australian Shepherd, biss am Ende jedes Spaziergangs in die Leine und die Waden seines Frauchens. Sie dachte, er sei dominant. Ich sah mir den Spaziergang an: 45 Minuten durch die Stadt, viele Autos, viele Menschen. Lucky war nicht dominant, er war völlig reizüberflutet! Seine „Aggression“ war ein Hilferuf: „Ich kann nicht mehr!“ Wir kürzten die Runden auf 15 Minuten an ruhigen Orten. Das Leinenbeißen verschwand innerhalb von 3 Tagen komplett. Manchmal ist weniger mehr.

Häufige Fragen (FAQ)
Soll ich eine Kettenleine benutzen?
Manche Trainer empfehlen Kettenleinen, weil es unangenehm ist, darauf zu beißen. Ich rate davon ab: Welpen können sich an den Metallgliedern die Milchzähne abbrechen. Besser ist Erziehung statt Materialschlacht.
Helfen Bitter-Sprays auf der Leine?
Nur bedingt. Manche Hunde stört der Geschmack nicht, andere finden es so eklig, dass sie gar nicht mehr an die Leine wollen (Angst vor dem Anleinen). Lösen Sie lieber die Ursache (Stress/Spiel).
Wann hört das auf?
Mit dem Ende des Zahnwechsels (ca. 6.-7. Monat) und zunehmender Impulskontrolle verschwindet das Verhalten meist von selbst – vorausgesetzt, Sie haben es nicht unbewusst zum „Spiel“ trainiert.
Quellenhinweis: Die Trainingsansätze zur Umlenkung von unerwünschtem Verhalten (Redirection) basieren auf den Prinzipien der positiven Verstärkung (Positive Reinforcement Training).



