Mantrailing-Hund prüft an einer urbanen Kreuzung den Geruch; Hundeführerin hält die Schleppleine locker und bleibt neutral hinter dem Hund

Kreuzungsarbeit im Mantrailing: Eine Anleitung für Hundeführer

von Sabine Reincke • Aktualisiert: 23.09.2025

Mantrailing ist eine faszinierende Disziplin, die Hund und Hundeführer fordert. Besonders knifflig sind Kreuzungen, an denen der Hund entscheiden muss, wie die Spur weiterführt. Hier lernen Sie praxistaugliche Techniken, Trainingsaufbau und Fehlervermeidung.

Inhalt

Kurzantwort / Essenz

Kreuzungsarbeit gelingt, wenn der Hund störungsfrei prüfen darf: Sie sichern mit sauberem Leinenhandling, bleiben neutral in der Körpersprache und geben dem Hund Zeit für eine negative oder positive Entscheidung. Trainieren Sie systematisch: erst einfache Abzweige, dann Wind, Verkehr und Verleitungen schrittweise erhöhen.

Was ist Mantrailing?

Mantrailing ist die Suche nach einer bestimmten Person anhand ihres Individualgeruchs. Im Gegensatz zur Fährtenarbeit folgt der Hund nicht primär Bodenverletzungen, sondern der in der Umgebung verteilten Geruchswolke der Zielperson – besonders relevant in urbanen Settings mit Verwirbelungen.

Aus der Praxis : In der Rettungshundearbeit lasse ich meinen Hund an Kreuzungen stets 1–2 m vor dem Schnittpunkt „entkoppelt“ prüfen, ohne ihn mit der Leine oder Körpersprache zu beeinflussen. Das reduziert Fehlentscheidungen deutlich.

Herausforderungen an Kreuzungen meistern

An Kreuzungen treffen mehrere Geruchsströme zusammen. Wind, Thermik, Gebäude und Verkehr erzeugen Geruchspools oder Versatz (die Spur „hängt“ seitlich versetzt). Darum braucht der Hund Raum, Zeit und Ruhe, um alle Abgänge nacheinander zu prüfen.

Mantrailing-Hund prüft an einer urbanen Kreuzung den Geruch; Hundeführerin hält die Schleppleine locker und bleibt neutral hinter dem Hund

Was tun, wenn der Hund an der Kreuzung stockt?

  • Tempo rausnehmen, Leine gleiten lassen (kein Zug, kein Druck).
  • Position: 2–3 m hinter dem Hund, offen für alle Abgänge.
  • Neutral bleiben: keine verbalen oder gestischen Hinweise.
  • Systematisches Prüfen: Hund jeden Abgang ausarbeiten lassen; bei Unsicherheit erneut in die Kreuzungsmitte.
  • Treffer sichern: Bei positivem Weiterziehen die Linie zügig „aufnehmen“ (kein Bremsen).

Leinenhandling: Die richtige Technik

Die Leine ist Ihr Informationskanal – nicht Ihr Lenkrad. Ziel: Konstante Minimalspannung, die dem Hund Freiheit gibt und Ihnen gleichzeitig Rückmeldung gibt.

  • Vor der Kreuzung: Tempo verringern, Leine auf 7–10 m ausgeben, Schlaufen geordnet in der Hand.
  • Im Prüfbereich: Leine gleitet frei; kein Vorziehen, kein „Halten“ in eine Richtung.
  • Abgang sichern: Kommt Zug auf die Leine, flüssig mitgehen, Schlaufen nachführen.
  • Reset: Bei Unsicherheit kurz zurück in die Kreuzungsmitte, erneut prüfen lassen.
  • Verleitungen: Leinenhand ruhig; Körper bleibt hinter dem Hund – nicht „mitlenken“.
  • Stop-&-Go vermeiden: Bremsen zerstört oft den Suchfluss. Lieber flüssig langsam.

Körpersprache & Position des Hundeführers

  • Neutralität: Blick weich, Schultern parallel zur Laufrichtung, keine Zeigegesten.
  • Position: 2–3 m hinter dem Hund, mittig zur Kreuzung, offen für alle Richtungen.
  • Team-Regel: Der Hund entscheidet die Richtung; Sie sichern Umgebung & Leine.

Negative Anzeige sicher lesen

Eine negative Anzeige (kein Geruch in Richtung A) ist genauso wertvoll wie ein Treffer. Typisch: kurzes Angehen, Abbruch, Zurückkehren zur Kreuzungsmitte, erneutes Prüfen. Belohnen Sie ruhige, systematische Prüfung – nicht das „Durchziehen um jeden Preis“.

Übungen: So bauen Sie Kreuzungsarbeit auf

  • Stufe 1 – Einfache T-Kreuzung: Windstill, geringe Ablenkung. Ziel: ruhiges Prüfen aller Abgänge.
  • Stufe 2 – Vierwegekreuzung: Mehrere Optionen, kurzer Liegezeit-Trail.
  • Stufe 3 – Versatz: Zielperson biegt ab, Geruch hängt 3–5 m weiter; Hund lernt Versatz aufzunehmen.
  • Stufe 4 – Verleitungen: Frische Fremtspuren in Nicht-Zielfrichtung.
  • Stufe 5 – Urban: Verkehr, Windkanäle (Häuserzeilen), Zuschauer. Dauer & Komplexität steigern.

3 konkrete Drills

  • „360°-Check“: Hund prüft alle Abgänge sichtbar; Marker/Belohnung für ruhiges Zurückkehren in die Mitte.
  • „Versatz-Fächer“: Trail biegt ab, Sie lassen 3, 6, 9 m Versatz; Hund lernt, Geruch seitlich aufzunehmen.
  • „Joker-Line“: Ein Helfer erzeugt eine frische Nicht-Zielspur. Hund lernt, Verleitung anzuzeigen und zu verwerfen.

Trainingsplan (4 Wochen, 2–3 Einheiten/Woche)

WocheSettingSchwerpunktKriterium (Erfolg)
1T-Kreuzung, windarmRuhiges Prüfen, LeinenflussAlle Abgänge geprüft, klare Entscheidung < 90 s
2Vierwege, leichte VerleitungNegative Anzeigen belohnenVerleitung korrekt verworfen, Entscheidung stabil
3Urban, Versatz 3–6 mVersatz aufnehmen, nicht „kleben“Versatz erkannt, Spur wiedergefunden
4Urban+, Zuschauer/VerkehrStressmanagement, RuheKonstante Minimalspannung, flüssiger Ablauf

Häufige Fehler

  • Lenken über die Leine: Zug in Wunschrichtung statt neutralem Begleiten.
  • Zu frühe Hilfe: Hund wird in Entscheidung „geschoben“ – Lernchance verschenkt.
  • Stop-&-Go: Unnötiges Bremsen zerstört Suchfluss.
  • Keine Kriterien: Erfolg wird nicht messbar festgelegt; Training stagniert.

Sicherheit & Tierschutz

  • Ausrüstung: Gut sitzendes Mantrailgeschirr, breite 7–10 m Schleppleine, rutschfeste Schuhe.
  • Verkehr: Querungen nur mit Freigabe des Hundeführers; Sicht & Abstand sichern.
  • Belastung: Trainingsdauer und Temperaturen hundgerecht wählen; Pausen einplanen.
  • Rechtliches: Örtliche Leinenpflichten/Privatgelände beachten.

Die richtige Rasse fürs Mantrailing?

Jeder motivierte Hund kann Mantrailing lernen. Rassen mit ausgeprägtem Geruchssinn (z. B. Lauf- und Stöberhunde) bringen oft Vorteile mit, entscheidend sind jedoch Motivation, Nervenstärke und gutes Teamwork.

Fazit

Kreuzungsarbeit verlangt Geduld, klares Leinenhandling und neutrale Körpersprache. Bauen Sie die Schwierigkeit strukturiert auf, belohnen Sie negatives Prüfen und sichern Sie Treffer flüssig ab – dann werden Kreuzungen zur Stärke Ihres Teams.

Weiterführend : Deutsches Rotes Kreuz – Mantrailing Überblick

Sabine Reincke
Sabine Reincke

Sabine Reincke: Eine umfassend erfahrene Expertin für alle Themen rund um den Hund. Mit über 15 Jahren praktischer Erfahrung, darunter 10 Jahre in der DRK Rettungshundestaffel und als Mantrailer, kombiniert Sabine tiefgreifendes Fachwissen in Hundeerziehung, -verhalten und Rassekunde mit unschätzbarer praktischer Erfahrung. Derzeit vertieft sie ihre Kenntnisse in einer Hundetrainer-Ausbildung und ergänzt dies durch diverse Fachseminare, auch im Bereich Hundegesundheit. Als ausgebildete Sanitäterin und durch ihre Präsenz in der Presse ist Sabine eine anerkannte Autorität, die vertrauenswürdige und fundierte Informationen zu allen Aspekten des Hundelebens bietet.

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