

Als langjährige Expertin für Hundeerziehung, mit über einem Jahrzehnt Erfahrung in der DRK Rettungshundestaffel und als Mantrailerin, weiß ich: Ein unzuverlässiger Rückruf ist eine der größten Sorgen für Hundebesitzer. Die entscheidende Frage lautet oft: Welche Konsequenz ist die richtige, wenn der Hund nicht kommt? Viele Halter fühlen sich hilflos, wenn ihr Hund sie ignoriert – sei es wegen eines spannenden Geruchs oder im Spiel mit Artgenossen. Das ist nicht nur frustrierend, sondern kann schnell gefährlich werden.
In diesem Leitfaden zeige ich Ihnen, wie Sie die Kontrolle zurückgewinnen, ohne zu schimpfen oder zu strafen. Sie lernen, warum Ihr Hund nicht hört und wie Sie mit der richtigen „Konsequenz“ und positivem Training einen Rückruf etablieren, auf den Sie sich immer verlassen können. Mein Ziel ist es, Ihnen zu zeigen, wie Sie durch Vertrauen und klare Regeln das unerwünschte Verhalten in den Griff bekommen.
Inhaltsverzeichnis:
Bevor wir über Lösungen sprechen, müssen wir verstehen, warum Ihr Hund nicht reagiert. Es ist selten böser Wille, sondern meist eine Kombination aus fehlendem Training, falschen Lernerfahrungen oder zu starker Ablenkung.
Der häufigste Grund: Draußen gibt es unzählige Reize – verlockende Gerüche, andere Tiere oder spannende Spuren. Wenn Ihr Hund gerade intensiv schnüffelt oder spielt, muss Ihr Rückruf einen höheren Wert haben als diese Ablenkung. Aus Sicht des Hundes ist es logisch, dem spannenderen Reiz zu folgen, wenn das Zurückkommen weniger attraktiv erscheint.
Hat Ihr Hund wirklich gelernt, was „Hier“ oder „Komm“ bedeutet? Das Signal muss unmissverständlich mit dem Herkommen und einer fantastischen Belohnung verknüpft sein. Wird er nur gerufen, wenn der Spaß vorbei ist (z.B. zum Anleinen), lernt er: Das Kommando verheißt nichts Gutes. Ihr Hund muss verstehen: „Wenn mein Mensch ruft, passiert etwas Tolles für mich!
Ein klassischer Fehler ist, den Hund zu bestrafen, wenn er endlich zurückkommt. Warum sollte er das nächste Mal schnell sein, wenn er für sein Kommen Ärger erwartet? Er verknüpft das Herkommen direkt mit Ihrer negativen Reaktion. Das Ergebnis: Er zögert oder ignoriert den Rückruf aus Angst vor der Konsequenz.
Rufen Sie Ihren Hund ständig, auch wenn Sie wissen, dass er nicht kommen wird? Jedes Mal, wenn Ihr Hund den Rückruf erfolgreich ignoriert, lernt er, dass das Kommando bedeutungslos ist. Es nutzt sich ab und verliert seine Wirkung.
Warum sollte Ihr Hund seine spannende Beschäftigung aufgeben, wenn es sich für ihn nicht lohnt? Ein einfaches „Fein“ reicht bei großer Ablenkung nicht aus. Ohne eine angemessene positive Verstärkung fehlt ihm der entscheidende Grund, zu Ihnen zu kommen.
Besonders bei jungen Hunden in der Pubertät scheint das Gelernte oft wie ausgelöscht. In dieser Phase testen sie Grenzen und ihre Unabhängigkeit wächst. Hier sind Geduld, Konsequenz und ein Schritt zurück im Training gefragt. [Lesetipp: So meistern Sie die Pubertät Ihres Hundes]
Ihre Reaktion auf das Nicht-Kommen entscheidet über den langfristigen Erfolg. Diese Fehler untergraben Ihr Training nachhaltig.
Der absolute Kardinalfehler: Bestrafen oder schimpfen Sie niemals mit Ihrem Hund, wenn er nach dem Ruf bei Ihnen ankommt – egal, wie lange es gedauert hat. Ihr Hund verknüpft die Strafe mit dem Akt des Ankommens, nicht mit dem vorherigen Zögern. Er lernt: „Bei meinem Menschen gibt es Ärger.“ Das zerstört Vertrauen und Motivation.
Wenn Ihr Hund Sie ignoriert, laufen Sie ihm nicht hinterher. Für ihn wird daraus schnell ein aufregendes Jagdspiel. Er lernt, dass Weglaufen Spaß bringt und Sie ihm folgen. Sie möchten aber, dass er zu Ihnen kommt – nicht umgekehrt.
Rufen Sie Ihr Kommando nicht, wenn Sie fast sicher sind, dass Ihr Hund nicht reagieren wird. Jeder ignorierte Ruf schwächt das Signal. Setzen Sie es gezielt ein, wenn eine hohe Erfolgsaussicht besteht oder Sie die Möglichkeit haben, es durchzusetzen.
Ein trockenes Leckerli ist keine Konkurrenz zum Spiel mit einem Hundefreund. Die Belohnung muss immer wertvoller sein als die aktuelle Ablenkung. Seien Sie kreativ und finden Sie heraus, was Ihr Hund wirklich liebt.
Wenn Ihr Hund Sie ignoriert, ist besonnenes und korrektes Handeln gefragt. Es geht nicht um Bestrafung, sondern darum, die Kontrolle zu übernehmen und eine klare, logische Konsequenz aufzuzeigen.
Ihr erster Impuls ist vielleicht Wut, doch atmen Sie tief durch. Panisches oder wütendes Rufen verschlimmert die Situation. Ihre Stimme sollte einladend und freudig klingen, um ihn zur Rückkehr zu motivieren.
Ignoriert Ihr Hund Sie weiterhin, müssen Sie ihn abholen. Gehen Sie ruhig, aber bestimmt auf ihn zu. Rennen Sie nicht. Sobald Sie ihn erreicht haben, leinen Sie ihn kommentarlos an. Das ist die logische und faire Konsequenz: Wer nicht auf den Rückruf hört, hat seine Freiheit für den Moment verwirkt. Dies ist keine Strafe, sondern eine Management- und Schutzmaßnahme. Lassen Sie ihn danach nicht sofort wieder von der Leine.
Sobald Ihr Hund sicher ist, überlegen Sie kurz: Warum hat er nicht reagiert? War die Ablenkung zu groß? War das Kommando unklar? War die Belohnung unattraktiv? Nutzen Sie diese Erkenntnis für das nächste Training.
Ich wiederhole es, weil es so entscheidend ist: Auch wenn Sie ihn abholen mussten, loben Sie ihn ruhig, sobald er bei Ihnen ist und Sie ihn anleinen. Er soll lernen, dass es bei Ihnen immer sicher und positiv ist, egal wie er dorthin gekommen ist.
Ein zuverlässiger Rückruf ist das Ergebnis von konsequentem, positivem Training. Dieser bewährte Plan, der auf den Prinzipien der modernen Hundeerziehung basiert, führt Sie zum Erfolg. Denken Sie daran: Üben Sie mit Geduld und Freude.
Funktioniert der Rückruf im sicheren Umfeld, ist die Schleppleine Ihre Brücke in die reale Welt. Sie gibt Sicherheit und ermöglicht es Ihnen, die Kontrolle zu behalten. [Lesetipp: So trainieren Sie richtig mit der Schleppleine]
Dies ist die Königsdisziplin. Beginnen Sie das Training auf große Distanz zu anderen Hunden. Rufen Sie ihn ab, bevor er fixiert ist. Belohnen Sie ihn fürstlich, wenn er sich für Sie entscheidet. Verringern Sie den Abstand schrittweise über viele Trainingseinheiten.
Gerüche sind für Hunde extrem fesselnd. Warten Sie einen kurzen Moment ab, in dem er den Kopf hebt, oder machen Sie ein Geräusch (z.B. Zungenschnalzen), um seine Aufmerksamkeit zu gewinnen, bevor Sie das Kommando geben. Manchmal ist der direkte Weg zu ihm und das Anleinen die einzige Option.
In der Pubertät (oft zwischen 6 und 18 Monaten) wird Gelerntes gerne „vergessen“. Das ist normal. Bleiben Sie geduldig, aber konsequent. Gehen Sie im Training einen Schritt zurück und nutzen Sie wieder vermehrt die Schleppleine zur Absicherung.
Ein zuverlässiger Rückruf ist der Ausdruck von Vertrauen und einer starken Bindung. Wenn Ihr Hund nicht kommt, ist die richtige Konsequenz niemals Bestrafung. Sie besteht darin, die Situation positiv zu managen, die Freiheit kurzzeitig einzuschränken und das Training anzupassen.
Der Schlüssel zum Erfolg liegt darin, dass Ihr Hund lernt: Das Kommen zu Ihnen ist immer die beste Entscheidung, die er treffen kann. Es erfordert Zeit und konsequentes, positives Training, aber die Sicherheit und Freiheit, die ein verlässlicher Rückruf schenkt, ist jede Mühe wert. Bleiben Sie dran – für ein sicheres und entspanntes Miteinander.
Die richtige Konsequenz ist niemals Strafe oder Schimpfen. Holen Sie Ihren Hund stattdessen ruhig und kommentarlos ab und leinen Sie ihn an. Die logische Konsequenz ist der vorübergehende Verlust seiner Freiheit (Freilauf). So lernt er, dass das Ignorieren des Rückrufs dazu führt, dass der Spaß beendet wird, ohne dass er eine negative Verknüpfung mit Ihnen aufbaut.
Nein, auf keinen Fall. Eine Bestrafung, nachdem der Hund (endlich) gekommen ist, sorgt dafür, dass er das Kommen selbst mit etwas Negativem verknüpft. Das Ergebnis: Er wird das nächste Mal noch mehr zögern oder gar nicht mehr kommen, aus Angst vor Ärger. Dies zerstört das Vertrauen und sabotiert das Rückruftraining nachhaltig.
Dafür gibt es mehrere Gründe. Oft ist die Ablenkung (ein anderer Hund, ein spannender Geruch) einfach attraktiver als die erwartete Belohnung bei Ihnen. Es kann auch sein, dass das Kommando durch zu häufiges Rufen ohne Erfolg „abgenutzt“ ist oder der Hund negative Erfahrungen gemacht hat (z.B. wurde er nach dem Kommen direkt angeleint und der Spaziergang war vorbei).
Das ist von Hund zu Hund unterschiedlich und hängt von der Rasse, dem Alter, den bisherigen Erfahrungen und vor allem von der Konsequenz des Trainings ab. Es ist ein lebenslanger Prozess. Ein Grundgehorsam kann in wenigen Wochen bis Monaten aufgebaut werden, aber die Festigung unter starker Ablenkung erfordert kontinuierliches Üben. Seien Sie geduldig und feiern Sie kleine Erfolge.