Mantrailing: Wie oft und wie lange trainieren? Ein Plan vom Profi

„Wie oft müssen wir jetzt trainieren?“ Diese Frage höre ich in fast jeder meiner Anfängergruppen. Der Ehrgeiz ist geweckt, die Faszination groß – und damit auch die Gefahr, den Hund zu überfordern. Aus meiner langjährigen Rettungsarbeit weiß ich: Ein übertrainierter Hund ist ein unzuverlässiger Hund. Der Schlüssel zum Erfolg liegt nicht in endlosen Wiederholungen, sondern in einem durchdachten, fairen Trainingsplan mit dem richtigen Maß an Belastung und Regeneration. Ich gebe Ihnen hier meinen bewährten Rahmen für Frequenz, Dauer und Progression an die Hand.

Die goldene Regel: Qualität vor Quantität

Bevor wir über Zahlen sprechen, möchte ich Ihnen meinen wichtigsten Leitsatz mitgeben: Ein einziger, gut aufgebauter und positiv abgeschlossener Trail pro Woche ist mehr wert als fünf halbherzige, frustrierende Versuche. Mantrailing ist für den Hund mentale Schwerstarbeit. Die Konzentration, die für die Geruchsdifferenzierung nötig ist, ist immens anstrengend.

Trainingsfrequenz: Wie oft ist optimal?

Die ideale Frequenz hängt stark vom Alter, der Konstitution und dem Erfahrungslevel Ihres Hundes ab.

Für Anfänger und Junghunde

Empfehlung: Maximal 1 Mal pro Woche.

Ein junger Hund oder ein Anfänger muss das Gelernte erst einmal verarbeiten. Das Gehirn braucht Zeit, um neue Verknüpfungen zu schaffen. Mehr Training führt hier oft zu Verwirrung und Motivationsverlust. In dieser Phase legen wir den Grundstein für eine lange, freudige Trail-Karriere.

Für fortgeschrittene Hobby-Teams

Empfehlung: 1 bis maximal 2 Mal pro Woche.

Wenn Ihr Hund die Grundlagen sicher beherrscht und Freude an der Arbeit zeigt, können Sie eine zweite, kürzere Einheit einplanen. Wichtig ist hierbei, die Anforderungen zu variieren. Zum Beispiel: Eine lange, anspruchsvolle Einheit am Wochenende im Wald und eine kurze, knackige Einheit unter der Woche im Wohngebiet.

Trainingsdauer und Anzahl der Trails pro Einheit

Hier kommt es oft zu Missverständnissen. Die Dauer einer Trainingseinheit in der Gruppe ist nicht die Arbeitszeit Ihres Hundes!

  • Gesamtdauer der Einheit (in der Gruppe): Planen Sie 2-3 Stunden ein. In dieser Zeit legen Sie Spuren für andere, agieren als Versteckperson und tauschen sich aus.
  • Aktive Arbeitszeit Ihres Hundes: Pro Einheit sollte ein Hund im Hobbybereich nicht mehr als 2-3 Trails arbeiten. Die reine Suchzeit beträgt dabei oft nur wenige Minuten pro Trail. Die Gesamtbelastung aus Suchen, Warten im Auto und den Umgebungsreizen ist mehr als genug.

Mein Tipp aus der Rettungsarbeit: Beenden Sie das Training immer mit einem Erfolgserlebnis! Es ist besser, nach einem grandiosen Trail aufzuhören, als einen weiteren zu wagen, der den Hund überfordert und mit einem Misserfolg endet.

Progression: So steigern Sie den Schwierigkeitsgrad richtig

Ein guter Trainingsplan lebt von einer fairen und systematischen Steigerung. Mein wichtigster Grundsatz lautet: **Verändern Sie immer nur EINEN Parameter pro Training!**

  1. Das Trail-Alter: Steigern Sie die Liegezeit der Spur in kleinen Schritten. Von 10 Minuten auf 20, dann auf 30. Wenn Sie das Alter erhöhen, halten Sie die Umgebung einfach.
  2. Die Trail-Länge: Verlängern Sie die Spur schrittweise. Von 100 Metern auf 200, dann auf 300. Fügen Sie anfangs nur einfache Winkel ein.
  3. Die Umgebung: Wechseln Sie vom ruhigen Waldweg ins Wohngebiet. Wenn die Umgebung neu und voller Ablenkungen ist, machen Sie den Trail wieder ganz kurz und frisch.
  4. Die Verleitungen: Bauen Sie gezielt Verleitspuren von anderen Personen oder Hunden ein. Auch hier gilt: Ist die Verleitung neu, halten Sie den Rest des Trails einfach.
  5. Der Geruchsartikel: Beginnen Sie mit großen, geruchsintensiven Artikeln (getragenes T-Shirt) und arbeiten Sie sich zu schwierigeren vor (Schlüssel, Handy, Autositz).

Fazit: Der beste Trainingsplan ist individuell

Dieser Leitfaden gibt Ihnen einen erprobten Rahmen. Der beste Trainer sind jedoch immer Sie und die Beobachtung Ihres Hundes. Achten Sie auf feine Signale von Müdigkeit oder Stress. Passen Sie den Plan an die Tagesform, das Wetter und die Motivation Ihres Hundes an. So stellen Sie sicher, dass Mantrailing das bleibt, was es sein soll: eine Quelle der Freude, des Vertrauens und der gemeinsamen Erfolgserlebnisse.

Woran erkenne ich, dass mein Hund überfordert ist?

Anzeichen können sein: Häufiges Hecheln (ohne körperliche Anstrengung), Unkonzentriertheit, das Aufnehmen von ablenkenden Gerüchen, die er sonst ignorieren würde, oder das gänzliche Abbrechen der Suche. In solchen Fällen ist eine Pause oder das Ende des Trainings die richtige Entscheidung.

Kann ich auch alleine trainieren?

Nein, für echtes Mantrailing benötigen Sie immer mindestens eine zweite Person, die sich als „Opfer“ versteckt. Das Training in einer kleinen Gruppe (3-4 Teams) ist ideal, da man sich gegenseitig als Versteckperson und zum Spurenlegen helfen kann.

Muss ich ein Trainingstagebuch führen?

Ich kann es nur dringend empfehlen! Notieren Sie Datum, Ort, Wetter, Trail-Alter, Länge und Besonderheiten. Ein solches Tagebuch ist Gold wert, um die Fortschritte Ihres Teams zu sehen und das Training systematisch und fair zu planen. Es hilft Ihnen, den Überblick über die Trainingsparameter zu behalten.

Sabine Reincke
Sabine Reincke

Sabine Reincke: Eine umfassend erfahrene Expertin für alle Themen rund um den Hund. Mit über 15 Jahren praktischer Erfahrung, darunter 10 Jahre in der DRK Rettungshundestaffel und als Mantrailer, kombiniert Sabine tiefgreifendes Fachwissen in Hundeerziehung, -verhalten und Rassekunde mit unschätzbarer praktischer Erfahrung. Derzeit vertieft sie ihre Kenntnisse in einer Hundetrainer-Ausbildung und ergänzt dies durch diverse Fachseminare, auch im Bereich Hundegesundheit. Als ausgebildete Sanitäterin und durch ihre Präsenz in der Presse ist Sabine eine anerkannte Autorität, die vertrauenswürdige und fundierte Informationen zu allen Aspekten des Hundelebens bietet.

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