Ein glücklicher Hund, ein Labrador, schaut erwartungsvoll zu seinem Menschen auf, während er sein Mantrailing-Geschirr angelegt bekommt.

Mantrailing anfangen: Der ultimative Guide für Einsteiger

⚠️ Wichtiger Hinweis für Welpen & Senioren: Nasenarbeit ist für Hunde so anstrengend wie Kopfrechnen für uns. Achten Sie bei jungen Hunden auf kurze Einheiten (max. 2-3 Durchgänge), um die Gelenke und das Nervensystem nicht zu überlasten.

Mantrailing anfangen: Der 5-Schritte-Guide für den perfekten Start

Du willst mit Mantrailing beginnen? Großartig! Es gibt kaum eine Beschäftigung, die einen Hund so sehr „leuchten“ lässt, wie wenn er seine natürliche Veranlagung nutzen darf. Doch Vorsicht: Die ersten drei Trails entscheiden oft darüber, ob dein Hund ein motivierter Sucher wird oder frustriert aufgibt. Hier ist meine Anleitung für den perfekten Start.

📌 Das Wichtigste zum Start

  • Das Prinzip: Am Anfang suchen wir nicht nach Geruch, sondern nach Motivation („Fire Trail“). Der Hund sieht die Person weglaufen.
  • Das Team: Du kannst nicht alleine trailen. u brauchst zwingend eine zweite Person (Runner/Versteckperson).
  • Die Ausrüstung: Ein gut sitzendes Brustgeschirr und eine 5-7m Leine reichen für den Anfang.
  • Der Ort: Wähle für den Start eine reizarme Umgebung (Wiese, Waldrand, ruhiges Industriegebiet am Wochenende).

📚 Grundlagen-Wissen: Dieser Artikel ist Teil unserer Serie. Hier geht’s zur Hauptübersicht: Was ist Mantrailing?

Inhaltsverzeichnis ausklappen

Voraussetzungen: Kann mein Hund das?

Die kurze Antwort: Ja. Jeder Hund hat eine Nase, die unserer um das Vielfache überlegen ist. In meiner Arbeit in der Rettungshundestaffel habe ich vom kleinen Jack Russell bis zum schweren Berner Sennenhund fast jede Rasse erfolgreich trailen sehen.

Es gibt jedoch biologische Grenzen:

  • Hunderassen für Mantrailing
    • Kurznasige Rassen (Mops, Bulldoggen): Sie können hervorragend riechen, überhitzen aber bei der intensiven Atmung schneller. Hier müssen die Trails kürzer sein.
  • Jagdtrieb: Hunde mit extremem Jagdtrieb (z.B. Dackel oder Border Collies) müssen lernen, dass die Spur des Menschen wichtiger ist als die Hasenspur, die den Weg kreuzt.

Schritt 1: Das Team & die Ausrüstung

Bevor du auf die Wiese gehst, packen wir die Tasche. Du brauchst nicht viel, aber das Richtige.

1. Die Versteckperson (Runner)

Du kannst Mantrailing nicht alleine üben. Du brauchst jemanden, den dein Hund toll findet (Partner, Freund, Kind). Diese Person muss am Ende der Spur die „Party“ veranstalten. Wichtig: Die Belohnung kommt immer von der gefundenen Person, nicht von dir!

2. Die Ausrüstung

Verwende ein Geschirr, das du nur zum Trailen anziehst. Hunde sind kontextbezogene Lerner. Sie verknüpfen: „Aha, das Trail-Geschirr geht an – jetzt bin ich im Arbeitsmodus“.

  • Die Ausrüstung
    • Geschirr: Ein gut sitzendes Y-Geschirr, das die Atemwege frei lässt (kein Norweger-Geschirr!).
  • Leine: Eine 5 bis 7,5 Meter lange Leine (Leder oder Biothane), ohne Handschlaufe.
  • Belohnung: Der „Jackpot“. Das absolut Beste, was dein Hund sich vorstellen kann (Katzenfutter, Leberwursttube, Käsewürfel).

👉 Checkliste: Willst du wissen, worauf es beim Material ankommt? Hier ist meine detaillierte Kaufberatung:
Mantrailing Ausrüstung: Das brauchen Sie wirklich

Schritt 2: Das Start-Ritual etablieren

Mantrailing ist Struktur. Ein festes Ritual gibt dem Hund Sicherheit. Der wichtigste Gegenstand dabei ist der Geruchsartikel. Er sagt dem Hund, wen er suchen soll.

Für den Anfang reicht ein getragenes T-Shirt oder ein Schal der Versteckperson in einem Gefrierbeutel. Später, wenn wir Geruchsdifferenzierung trainieren, werden die Anforderungen strenger.

Ablauf des Start-Rituals:

  1. Der Ablauf zum Start
    1. Geschirr anlegen (Ruhe bewahren!).
    2. Leine sortieren.
    3. Geruchsartikel präsentieren (Tüte öffnen, Hund kurz riechen lassen)
    4. Kommando geben (z.B. „Trail“ oder „Such“)

Erfahre hier mehr über die korrekte Handhabung des Geruchsartikels, um Fehler zu vermeiden.

Schritt 3: Der „Fire Trail“ (Motivationstraining)

Wir starten nicht mit einer schwierigen Suche. Wir starten mit einem Spiel, das den Jagdinstinkt weckt. Diese Methode, oft „Fire Trail“ oder „Intensity Start“ genannt, sorgt für maximalen Fokus.

Grafik die zeigt wie die Versteckperson den Hund animiert und dann wegläuft während der Hundeführer den Hund hält
Der Fire Trail: Die Versteckperson animiert den Hund („Reizen“) und rennt dann weg. Der Hund darf erst starten, wenn die Person um die Ecke ist.

Die Übung:

  1. Ablauf Fire Trail
    1. Die Versteckperson steht ca. 5-10 Meter entfernt und macht den Hund auf sich aufmerksam (Rufen, Winken mit dem Futter).
    2. Der Hundeführer hält den Hund am Geschirr fest (Spannung aufbauen!).
    3. Die Person rennt motiviert weg und verschwindet hinter der nächsten Ecke oder einem Baum (Sichtschutz ist wichtig!).
    4. Du wartest noch 2-3 Sekunden, gibst das Startkommando und lässt den Hund „explodieren“.
    5. Der Hund stürmt los, findet die Person sofort hinter der Ecke und bekommt die Jackpot-Belohnung

Warum machen wir das? Der Hund verknüpft: „Geschirr an + Geruch in der Nase + Gas geben = Party!“ Das ist die Basis für alles, was später kommt.

Typische Anfängerfehler vermeiden

Die Euphorie am Anfang ist groß, aber hier schleichen sich oft Fehler ein, die man später mühsam korrigieren muss. Die drei Klassiker sind:

  1. Zu lang, zu schwer: Wer gleich 500 Meter durch den Wald legt, frustriert den Hund.
  2. Leinen-Rucken: Du darfst den Hund beim Trailen nicht korrigieren oder zurückhalten. Du bist nur der „Anker“, der mitläuft.
  3. Zu viel Hilfe: Wenn du weißt, wo die Person ist, lenkst du deinen Hund unbewusst. Vertrau seiner Nase!

Lies hierzu unbedingt meinen Artikel über die 7 häufigsten Mantrailing Fehler, bevor du weiter trainierst.

🐾 Aus meiner Praxis: Der „langsame“ Start

Ich hatte einmal einen Teilnehmer mit einem Weimaraner – eine Rasse mit viel Power. Er wollte sofort „richtige“ Trails machen. Das Ergebnis? Der Hund rannte kopflos durch den Wald, scannte visuell nach der Person, statt die Nase zu benutzen. Wir mussten 4 Wochen zurückrudern und nur „Fire Trails“ auf 20 Metern machen, bis der Hund verstand: „Die Nase ist mein Navi, nicht die Augen.“ Habt Geduld! Ein solides Fundament baut man nicht an einem Wochenende.


Häufige Fragen zum Start

Ab wann kann ich mit Mantrailing anfangen?

Spielerisch können schon Welpen ab der 10.-12. Woche „Baby-Trails“ (wenige Meter) machen. Wichtig ist hierbei nur die Verknüpfung „Suchen macht Spaß“. [cite_start]Ernsthaftes Training mit längeren Strecken sollte erst erfolgen, wenn der Hund körperlich ausgewachsen ist[cite: 1568].

Brauche ich einen professionellen Trainer?

Für die ersten Schritte sehr empfehlenswert. Ein Trainer sieht deine Körpersprache und das Leinenhandling von außen. Wenn du autodidaktisch startest, filme dich unbedingt selbst, um Fehler zu erkennen.

Mein Hund bellt andere Menschen an. Kann er trailen?

Ja, Mantrailing wird oft therapeutisch bei unsicheren Hunden eingesetzt. Da der Hund eine Aufgabe hat, blendet er Umweltreize oft aus. [cite_start]Wichtig: Trainiere in reizarmen Gebieten und nutze zur Sicherheit einen gut sitzenden Maulkorb[cite: 1853].

Quellenhinweis: Die Trainingsmethodik (Intensity Start/Fire Trail) basiert auf Standards moderner Rettungshundeausbildung (vgl. Kocher Method / INBTI).

Sabine Reincke
Sabine Reincke

Sabine Reincke: Eine umfassend erfahrene Expertin für alle Themen rund um den Hund. Mit über 15 Jahren praktischer Erfahrung, darunter 10 Jahre in der DRK Rettungshundestaffel und als Mantrailer, kombiniert Sabine tiefgreifendes Fachwissen in Hundeerziehung, -verhalten und Rassekunde mit unschätzbarer praktischer Erfahrung. Derzeit vertieft sie ihre Kenntnisse in einer Hundetrainer-Ausbildung und ergänzt dies durch diverse Fachseminare, auch im Bereich Hundegesundheit. Als ausgebildete Sanitäterin und durch ihre Präsenz in der Presse ist Sabine eine anerkannte Autorität, die vertrauenswürdige und fundierte Informationen zu allen Aspekten des Hundelebens bietet.

Artikel: 209
Cookie Consent mit Real Cookie Banner